Profitable Militärtechnik
In Berlin-Schönefeld öffnet die Luft- und Raumfahrtmesse ILA 2014
Alle zwei Jahre findet in Berlin-Schönefeld die Internationale Luft- und Raumfahrtmesse ILA statt. Während des Jahrgangs 2012 entschuldigte sich die Messeleitung bei Ausstellern und Fachbesuchern noch, dass es nichts wurde mit der »Messe der kurzen Wege«. Sie landen quasi auf dem Ausstellungs- und Kongressgelände, hatte es zuvor geheißen. In diesem Jahr nimmt man es als gegeben, dass der Hauptstadtflughafen BER noch immer als Bauruine da steht. Immerhin taugt seine südliche Start- und Landebahn als Anlauf, um neue wirtschaftliche Höhenflüge anzustreben.
Die Eröffnung der ILA am heutigen Dienstag ist ein feststehender Termin im Kalender der Kanzlerin. Ihre Gastgeber werden darauf verweisen, dass die Betriebe im vergangenen Jahr ein Beschäftigtenplus von 4,8 Prozent erreicht haben. 105 500 Menschen haben dank der Luft- und Raumfahrt einen halbwegs sicheren und oft auch anspruchsvollen Job. Beim anschließenden Messerundgang wird sich die Kanzlerin womöglich auch lobend darüber äußern, dass rund 15 Prozent des Branchenumsatzes in Forschung und Entwicklung gesteckt werden.
Was sich, so werden ihre Begleiter vom Bundesverband der Luft- und Raumfahrt (BDLI) einwenden, leider nur in der Zivilluftfahrt auszahlt. Die bringt den Mammutgewinn der Branche, 2013 verbuchte man 21,4 Milliarden Euro Umsatz. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine fast zehnprozentige Steigerung.
Die Auftragsbücher der westeuropäischen Hersteller, die zumeist unter dem Dach von Airbus agieren, sind voll. Über 5500 Airbus-Maschinen sind bestellt oder als Option geplant. Das entspricht einer sieben- oder gar achtjährigen Auslastung des MultiKonzerns. Zudem sagen globale Marktanalysen, dass sich der Bedarf an Fluggerät bis 2030 verdoppeln wird. Hoch die Tassen! Bessere Gewinnperspektiven kann es nicht geben.
Eigentlich dürfte auch der militärische Sektor nicht klagen - er tut es aber dennoch. Die deutsche Industrie setzte hier im vergangenen Jahr fast sieben Milliarden Euro um und errechnete so ein Plus von knapp acht Prozent. Doch da ist noch mehr rauszuholen, meint BDLI-Präsident Bernhard Gerwert. Die für die Industrie positiven Zahlen von 2013 dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser strategische Industriezweig ein »Sorgenkind bleibt«. Angesichts ausbleibender Entwicklungsprogramme sieht Gewert »die Zukunftsfähigkeit der militärischen Luftfahrt in Deutschland gefährdet«.
Eine jüngst durchgeführte Blitzumfrage des BDLI bei den Mitgliedsunternehmen ergab, dass zwei Drittel die langfristige Zukunft dieser Teilbranche »als mäßig oder gar als schlecht« einstufen. Sinkende, bestenfalls stagnierende Verteidigungshaushalte in Europa und die Folgen der Bundeswehrreform sind Gründe für den Pessimismus, der aus Sicht von deutschen Steuerzahlern und in Kriegs- und Krisengebieten von deutschen High-Tech-Waffen Heimgesuchten durchaus anders bewertet werden kann.
Doch für die Industrie naht Hilfe. Das Verteidigungsministerium wird, so beschloss das Kabinett unlängst, noch bis Ende des Jahres eine militärische Luftfahrtstrategie erarbeiten. Und was von der NATO angesichts der sogenannten Ukraine-Krise zu hören ist, lässt auch einige Aufträge erwarten.
Hoch hinaus will man auch in der Raumfahrt. Zwar erwirtschaftet man damit nur rund acht Prozent Umsatzanteil, doch hier lässt sich einiges aus staatlichen Fördertöpfen saugen. Und so heißt es denn auf der ILA in diesem Jahr: Die High-Tech-Initiative der Bundesregierung greift, Deutschland gehört - auch hier natürlich im europäischen ESA-Verbund - zu den führenden Raumfahrtnationen. Nur wenige Stunden nachdem die Kanzlerin der Raumfahrthalle ihre Aufwartung gemacht haben wird, ist im Space Pavilion der Rundgang von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geplant.
Vermutlich sind es nur protokollarische Zeitprobleme, wenn weder Merkel noch Gabriel mal bei Roskosmos vorbeischauen. Aber womöglich macht ja doch der eine oder andere Offizielle einen Abstecher zu der russischen Raumfahrtagentur. Roskosmos ist mit seinen Unternehmen recht stark auf der ILA 2014 vertreten. Obwohl oder gerade weil die aktuellen Zeichen nicht gerade auf mehr Kooperation und damit auf Vernunft deuten? Immerhin steht als Werbespruch unter der wehenden russischen Flagge: »Road to success«.
Weg zum Erfolg? Ursprünglich hatte die ILA mal die Aufgabe, eine Ost-West-Brücke zu sein. Das war einmal. Dank der westlichen Sanktionspolitik gegenüber Moskau hat der Kreml offiziell erklärt, ab 2020, also nach dem Auslaufen der aktuellen Verträge, kein Interesse mehr an der Internationalen Raumstation ISS zu haben. Auf die Frage von Journalisten, wie man denn dann ohne Sojus-Raketen und -Kapseln Menschen in den Orbit transportieren soll, sagte Putins für Raumfahrt zuständiger Vizepremier Dimitri Rogosin nur lakonisch: »Sollen die Amerikaner doch ihre Astronauten mit einen Trampolin zur ISS schicken.«
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