Endstation für Busse aus Plauen
Vogtland verliert weiteren Industriebetrieb
Fördermittel gelten gemeinhin als Honig für Unternehmen: Zahlt ein Land reichlich, bleiben sie kleben. Nicht so MAN. Zwar ist der Nutzfahrzeughersteller gerade dabei, in seinem Werk für Neoplan-Busse in Plauen öffentliche Zuschüsse zu verbauen; errichtet wird ein Logistikzentrum, das 20 Millionen Euro kosten soll. Zugleich aber hat das Unternehmen bekannt gegeben, dass es nicht länger an der Stadt im Vogtland klebt: Bis März 2015, teilte die VW-Tochter MAN jetzt mit, soll die Busproduktion ins türkische Ankara verlagert werden.
Die Beschäftigten sind entsetzt. Auf einer Betriebsversammlung habe es »Wut und Fassungslosigkeit« gegeben, sagt Stefan Kademann, Bevollmächtigter der IG Metall in der Region. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass den 420 Mitarbeitern von MAN gut bezahlte Jobs in der 35 Kilometer entfernten Zwickauer Niederlassung von VW angeboten werden. Sie wollen weiter Busse bauen: »Wir weigern uns hinzunehmen, dass der Standort geschlossen wird.«
Plauen ist bisher der wichtigste deutsche Produktionsstandort für die Busse der Marke Neoplan, die seit 1991 dort gefertigt wurden. 2001 wurde das Unternehmen von MAN übernommen. Zwar war 2010 schon die Fertigung der Gerippe für Überland- und Reisebusse nach Polen verlagert worden; zugleich war den damals 370 Arbeitern aber eine Jobgarantie bis 2016 versprochen und die Investition in ein »Kompetenzzentrum« zugesagt worden. Nun kehrt sich das Unternehmen überraschend von dem Standort ab. Das Marktvolumen für Busse sei in Europa auf einem »historischen Tiefstand«, teilte MAN mit; man müsse das Produktionsnetzwerk »effizienter gestalten«.
In der Stadt sorgt die Nachricht für ein Dèja-vu. 2012 erst war der damals größte Betrieb abgewickelt worden: Der Druckmaschinenhersteller Manroland hatte seine unter dem Namen »Plamag« bekannte, traditionsreiche Filiale mit 750 Arbeitern geschlossen. Einst gab es in der Stadt zehn Betriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten; nach dem Aus für die Plamag gehört Neoplan zu den größten - gemeinsam mit Resten der Werkzeugmaschinenfabrik Wema und dem Lampenhersteller Vosla. Dem einstigen Narva-Betrieb hatte 2011 als Teil des Philips-Konzerns ebenfalls die Schließung gedroht, bevor das Werk an einen Investor abgestoßen wurde.
Der IHK-Chef Michael Barth spricht nun von einer »erneuten Schreckensnachricht für die Region«. Die hofft auch auf die Landespolitik. Der FDP-Wirtschaftsminister Sven Morlok sagt zwar, er sei »enttäuscht« von der MAN-Entscheidung; er teilte aber ansonsten nur mit, man prüfe Forderungen auf Rückzahlung, weil MAN Fördermittel »in erheblichem Umfang« kassiert, aber damit verbundene Zusagen nicht eingehalten habe. Sachsens DGB-Chefin Iris Kloppich warf Morlok indes »Untätigkeit« vor. Die »Deindustrialisierung« des Vogtlands schreite voran, und der Minister »schaut tatenlos zu«.
Im Landtag lehnten die demokratischen Fraktionen gestern einen dringenden Antrag der NPD ab, sich mit dem Thema zu befassen. Zwar sei man »enttäuscht und verärgert«, sagte der Abgeordnete Thorsten Herbst (FDP). Er warf der NPD aber vor, das Thema für den Wahlkampf nutzen zu wollen. Laut Herbst will Morlok zuerst den Wirtschaftsausschuss informieren; eventuell werde sich das Plenum im Juni mit dem Thema befassen. Man wolle, fügte er an, »alles tun, um für den Standort zu kämpfen.« Zuletzt indes hat selbst Honig in Form von Fördermitteln nichts bewirkt.
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