Deckel der Demokratie
Das Grundgesetz wird 65 / Bundespräsident Gauck spricht von geistiger Öffnung für Zuwanderer / Am Freitag Festakt mit Navid Kermani im Bundestag
Berlin. Heute vor 65 Jahren stellte der »Parlamentarische Rat« in Bonn fest, dass das dort bereits am 8. Mai beschlossene »Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland« durch die Volksvertretungen von mehr als zwei Dritteln der an den Beratungen beteiligten deutschen Länder angenommen worden war. Damit konnte die zunächst als Provisorium gedachte Verfassung am Folgetag in Kraft treten.
Anlässlich des Jubiläums wurde für diesen Freitag der Islamwissenschaftler und Schriftsteller Navid Kermani zu einer Rede im Bundestag eingeladen. Der 46-Jährige, der dieser Tage in Mainz mit dem Joseph-Breitbach-Preis für deutschsprachige Autoren ausgezeichnet wurde, werde in der Gedenkstunde zum Verhältnis von Verfassung und Gesellschaft sprechen, kündigte der Bundestag an.
Im Rahmen des Verfassungsjubiläums hatte Bundespräsident Joachim Gauck bereits am Donnerstag in einer Feierstunde 23 ausgewählten Neubürgern die Einbürgerungsurkunde sowie ein Exemplar des Grundgesetzes überreicht. Dabei sprach sich der Bundespräsident grundsätzlich für Einwanderung und auch für die »doppelte Staatsbürgerschaft« aus. Diese sei ein Ausdruck der Lebenswirklichkeit im heutigen Deutschland.
Von den Deutschen forderte Gauck eine Öffnung für Zuwanderer: »Hören wir auf, von ›uns‹ und ›denen‹ zu reden. Es gibt ein neues deutsches ›Wir‹, die Einheit der Verschiedenen«, so Gauck. Gleichzeitig dürften aber »Probleme nicht verschwiegen werden, weil die falsche Seite applaudieren könnte«.
Das Grundgesetz, dem Max Reimann (KPD) einst prophezeit hatte, es werde einmal von Kommunisten verteidigt werden, ist in seinen 65 Jahren oft verändert und beschnitten worden. Von den 19 Artikeln, die sich mit Grundrechten befassen, wurden seit 1949 nur sieben nicht umgeschrieben. vs
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