Parteichefin: Grüne »wollen mehr«
Peter warnt auf kleinem Parteitag vor unabgestimmten Vorstößen / Hofreiter: Wollen 2017 regieren / Schick: Müssen Gegenwind auch mal aushalten
Berlin. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter hat ihre Partei davor gewarnt, sich auf den jüngsten Ergebnissen bei Europa- und Kommunalwahlen auszuruhen. »Wir wollen mehr, und wir können mehr«, sagte Peter am Samstag in Berlin auf einem kleinen Parteitag. Die Grünen wollten auch in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärker werden, sagte sie mit Blick auf die Landtagswahlen in diesem Jahr. »Diese drei Wahlen sind für uns Grüne wichtig, sehr wichtig.« In die Landtagswahlen müssten die Grünen geschlossen gehen. Peter warnte die eigenen Reihen zudem vor unabgestimmten Vorstößen, die der Sache der Grünen nicht dienlich seien. Über die künftige Finanz- und Wirtschaftspolitik der Grünen müsse in Ruhe debattiert wer
»Wir wollen zur Finanzpolitik eine geordnete, nach vorne gerichtete Debatte führen«, sagte die Grünen-Chefin. Intern solle heftig gestritten werden. Aber es dürfe keine Schnellschüsse über Medien geben, wie es sie kurz vor der Europawahl vereinzelt gegeben habe, kritisierte Peter. Die Wirtschaftsexpertin in der Grünen-Bundestagsfraktion, Kerstin Andreae, hatte Anfang April ein Umdenken ihrer Partei in der Steuerpolitik gefordert und damit heftigen Widerspruch vom linken Flügel der Partei sowie von führenden Realos kassiert.
Bei der Europawahl vor einer Woche hatten die Grünen mit 10,7 Prozent der Stimmen das angestrebte zweistellige Ergebnis erreicht. Damit wurden sie wieder drittstärkste Kraft in Deutschland. »Das Tief aus der Bundestagswahl (8,4 Prozent) ist überwunden«, sagte Peter. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner betonte: »Die Grünen sind in einem neuen Aufbruch, auch wenn wir noch einen Weg vor uns haben.« Ähnlich äußerte sich Fraktionschef Anton Hofreiter. »Ja, wir Grünen sind auf Bundesebene wieder da.« Auch in den Regionen seien die Grünen stark verankert.
Zur Kritik an der neuen Führungsspitze sagte Hofreiter, die Partei sei noch nicht in allen Punkten da, wo so hin wolle. Aber bis zur nächsten Bundestagswahl hätten die Grünen noch drei Jahre Zeit für spannende Debatten. 2017 wollten die Grünen wieder Regierungsverantwortung übernehmen, sagte Hofreiter. Nach dem für sie enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagwahl sind die Grünen knapp hinter der Linken die kleinste Oppositionskraft im Bundestag. Nach der Wahlschlappe hatten sich die Grünen im Herbst eine inhaltliche und personelle Erneuerung verordnet. Das Führungsquartett um die Parteichefs Peter und Cem Özdemir sowie die Fraktionsspitzen Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt stand zuletzt auch intern in der Kritik.
Auf dem sogenannten Länderrat - dem kleinen Parteitag - starten die Grünen eine neue Programmdebatte über künftige Positionen der Partei. »Als Programmpartei leben wir vom Ringen um die richtige Politik«, sagte Kellner. Es gehe etwa um eine Neufassung des »Freiheitsbegriffes«, das Verhältnis von Ökologie und Ökonomie sowie um Themen rund um Ernährung und Landwirtschaft. Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sagte, die Grünen müssten auch einmal Gegenwind aushalten können. »Lasst uns nicht zu bequem sein.« Es müsse zunächst einmal diskutiert werden, wohin die Gesellschaft gehen wolle. Es dürfe nicht gleich in Gesetzentwürfen gedacht werden, sagte Schick mit Blick auch auf die Beteiligung der Grünen an sieben Landesregierungen. 50 Prozent der Anhänger wüssten nicht, wofür die Grünen eigentlich stünden. dpa/nd
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!