Steinbach wirbt für Koalition mit AfD
CDU-Politikerin nennt »Alternative« einen mögliche Partner für die Union / Bosbach setzt im Talkshow-Streit mit Kauder Rechtspartei mit der Linken gleich / Parteienforscher prophezeit AfD-Union-Bündnisse
Berlin. Als erstes Führungsmitglied der Unionsfraktion hat sich die hessische CDU-Politikerin und Vertriebenen-Lobbyistin Erika Steinbach für eine Koalition mit der Alternative für Deutschland ausgesprochen. »Die AfD ist nach meinen Beobachtungen eine rechtsstaatliche, demokratische Gruppierung und damit ebenso unser Konkurrent wie unser möglicher Partner«, sagte die Unionsfrau dem »Spiegel«. In der Partei waren nach der Europawahl bereits mehrere Stimmen laut geworden, die eine Kooperation mit der umstrittenen Partei nicht ausschließen wollten. Dies war allerdings in weiten Teilen der Union auch auf Ablehnung gestoßen. Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte sogar angekündigt, keine Talkshows mehr besuchen zu wollen, falls AfD-Politiker daran teilnehmen.
Dem widersprach der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach – und setzte in seiner Argumentation AfD und Linkspartei gleich. Er würde sich in der Talkshow-Frage »anders entscheiden«, wird der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag nun zitiert. Seiner Meinung nach sei es nicht richtig plausibel, dass Kauder mit Spitzenkräften der Linkspartei diskutieren wolle, nicht aber mit AfD-Chef Bernd Lucke. Gegenüber der »Leipziger Volkszeitung« sagte Bosbach, »mit den Links-Politikern Sahra Wagenknecht oder Gregor Gysi jederzeit zu diskutieren, mit den AfD-Politikern Lucke oder Henkel aber nie und nimmer, klingt für mich nicht besonders plausibel«.
Steinbach hatte gegenüber dem »Spiegel« gesagt, »in unserer Demokratie müssen die Parteien dazu bereit sein, mit allen demokratischen Gruppierungen zu koalieren, die nicht radikal oder gewaltbereit sind. Wenn Parteien anfangen, sich einander zu verweigern, dann wird es sehr gefährlich für die Demokratie.« Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schloss eine Annäherung der CDU an die AfD dagegen aus: »Wir werden uns ganz sicher nicht in die Richtung der AfD bewegen«, sagte er dem »Focus«. Auch Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hat ausgeschlossen, ein Bündnis mit der AfD nach der Landtagswahl im Spätsommer einzugehen. »Mein Wort gilt«, sagte sie dem Magazin. Dagegen ließ Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich die Bündnisfrage offen, er erklärte gegenüber dem »Focus« lediglich: »Ich habe kein Interesse, mit einer Partei zusammen zu arbeiten, von der ich nicht weiß, wo sie programmatisch steht«, sagte Tillich der »Focus«.
Die SPD forderte – wie schon zuvor die Linkspartei - die Union auf, mit einer »glasklaren Beschlussgrundlage« jegliche Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte der »Leipziger Volkszeitung« mit Blick auf die bevorstehenden ostdeutschen Landtagswahlen unter anderem in Thüringen, die CDU solle »einen glasklaren Abgrenzungsbeschluss zur AfD« treffen. »Solange sie diesen verweigert, glaube ich den Beteuerungen der CDU-Politiker nicht, sie würden keine Koalition mit der AfD machen.«
Der Parteienforscher Jürgen Falter hat derweil prophezeit, dass die Union nicht dauerhaft auf eine Zusammenarbeit mit der AfD verzichten werde. »Ich bin sicher, dass sich die Einstellung der Union zur AfD blitzartig ändern wird, wenn auf Länderebene ein CDU-Ministerpräsident nur durch eine Koalition mit der AfD gesichert werden kann«, sagte Falter. Einer Umfrage des »Focus« zufolge rechnet eine knappe Mehrheit der Bundesbürger (54 Prozent) nicht damit, dass sich die bei der Europawahl erfolgreiche AfD auf Dauer etablieren kann – lediglich ein knappes Drittel der Befragten geht davon aus. Das Meinungsforschungsinstitut Emnid hatte nach der Europawahl rund 1000 repräsentativ ausgewählte Menschen befragt. nd/mit Agenturen
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