Jetzt vierter Amazon-Standort im Streik

Arbeitsniederlegungen im nordrhein-westfälischen Rheinberg / Gewerkschaft ver.di weitet Arbeitskampf um Tarifvertrag aus: »Wir werden den Arbeitgeber schon ordentlich treffen«

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Berlin. Beim Versandkonzern Amazon weitet sich der Streik für einen Tarifvertrag auf dem Niveau des Einzelhandels aus. Am Dienstag rief die Gewerkschaft ver.di erstmals die Beschäftigten des Versandzentrums im nordrhein-westfälischen Rheinberg zu Arbeitsniederlegungen auf. Mit Beginn der Frühschicht um 5 Uhr gingen Kollegen dort in den Streik. Auch im bayerischen Graben bei Augsburg wird der Arbeitskampf am Dienstag ganztägig fortgesetzt. Bereits am Freitag und Samstag war bei Amazon in Leipzig und Bad Hersfeld gestreikt worden, gestern streikten laut der Gewerkschaft rund 850 Beschäftigte in Bad Hersfeld und Graben. Der Konzern bezifferte die Beteiligung dagegen auf weniger als 600 Mitarbeiter. Auf den Versand an die Kunden habe der Streik angeblich erneut keine Auswirkungen gehabt.

»Der Streik ist dennoch wirksam«, sagte Mechthild Middeke von ver.di in Hessen. Middeke. »Denn logistischer Mehraufwand entsteht in jedem Fall - und der kostet das Unternehmen etwas. Andere Beschäftigte müssen Überstunden schieben. Wir werden den Arbeitgeber schon ordentlich treffen.«

Für die Belegschaft in Graben war es nach einer ersten Arbeitsniederlegung am 16. Dezember 2013 am Montag zwar erst der zweite Streiktag überhaupt. Auf einer Versammlung sei aber beschlossen worden, den Ausstand mindestens bis einschließlich Dienstag fortzusetzen. Wie es danach weitergeht, solle am Dienstag beschlossen werden, erklärte Gürlebeck. Die ver.di-Vertreter in Bayern rechnen mit einer Geduldsprobe: »Dass sich die Auseinandersetzungen erneut bis in das Weihnachtsgeschäft hinziehen werden, ist durchaus nicht unwahrscheinlich«, sagte der Leiter des Fachbereichs Handel, Hubert Thiermeyer. »Wir werden einen langen Atem haben«, sagte Gewerkschafterin Middeke in Bad Hersfeld.

Der nach eigenen Angaben weltgrößte Versandhändler weigert sich laut ver.di »nach wie vor kategorisch«, Gespräche über einen Tarifvertrag zu führen. »Dabei geht es Amazon offenbar darum, jegliche Verbindlichkeit und Rechtssicherheit, die mit einem Tarifvertrag für die Beschäftigten verbunden wäre, zu vermeiden«, so die Gewerkschaft. »Die willkürliche und einseitige Festlegung von Löhnen und Arbeitsbedingungen und die Vielzahl befristeter Arbeitsverträge durch den Arbeitgeber stellt die Beschäftigten weitgehend rechtlos«, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. »Nur Tarifverträge garantieren existenzsichernde Einkommen und gute Arbeitsbedingungen. Das ist eine Frage von Respekt und Wertschätzung der Beschäftigten.«

Der Streik hatte im April 2013 begonnen. Mit den Streikaktionen will die Gewerkschaft Amazon zur Aufnahme von Tarifverhandlungen bewegen, die sich an den Bedingungen des Einzelhandels orientieren. Amazon lehnt das ab und sieht sich selbst als Logistiker. Amazon beschäftigt an bundesweit neun Standorten mehr als 9000 Mitarbeiter. nd/mit Agenturen

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