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Monopol macht Kultur

Ausbeutung ist nicht das einzige Negativ-Merkmal des Internetriesen Amazon

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Nicht nur wegen mieser Arbeitsbedingungen bekommt der Internetkonzern Amazon schlechte Schlagzeilen. Verlage und Buchhändler kritisieren, das Unternehmen missbrauche seine Marktmacht.

Die Zahlen, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Dienstag präsentierte, gaben Grund zur Hoffnung. Der noch immer größte Vertriebsweg, der stationäre Buchhandel, hat im vergangenen Jahr 0,9 Prozent mehr Umsatz (4,64 Milliarden Euro) erwirtschaftet als 2012. Der Internetbuchhandel dagegen verbuchte einen leichten Rückgang von 0,5 Prozent.

Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins, kommentierte diese Entwicklung als »erfreulich« - offensichtlich gebe es eine Rückbesinnung auf den Buchkauf im Laden. Ein weiterer Grund für den Rückgang im Onlinehandel sei aber, dass »Amazon ins Gerede gekommen ist wegen der Arbeitsbedingungen«. 74 Prozent des Onlinebuchhandels geht nach Angaben des Bundesverbandes der Versandbuchhändler auf den Internetriesen zurück.

Für den Buchhandel selbst fällt allerdings der Umgang Amazons mit den Verlagen schwerer ins Gewicht. Sie kritisieren die Monopolstellung des Konzerns, der bei den derzeitigen Verhandlungen über Rabatte für E-Books seine Marktstellung missbrauche und auch davor nicht zurückschrecke, etwa den Versand einzelner Bücher zurückzuhalten oder zu verzögern. »Damit hat Amazon die rote Linie überschritten«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis, in Frankfurt.

Nachdem diese Praxis zunächst aus den USA bekannt war, trifft es jetzt unter anderem die schwedische Verlagsgruppe Bonnier, zu der deutsche Verlage wie Ullstein, Carlsen und Piper gehören. Sie werfen Amazon vor, die Auslieferung ihrer Bücher zurückzuhalten. »Wir beobachten, dass sich bei zahlreichen bekannten Backlist-Titeln die Lieferzeit verlängert hat, obwohl wir pünktlich liefern«, sagt Ullstein-Geschäftsführer Alexander Lorbeer der »Frankfurter Rundschau«. Der Börsenverein erwägt auch deshalb eine Klage vor dem Bundeskartellamt und hat Anwälte beauftragt, eine solche zu prüfen. Das Kartellamt müsse jedoch von sich aus Ermittlungen anstellen; »wir stellen detailliert den Sachverhalt und unsere Bewertung dar«, heißt es beim Börsenverein.

Problematisch ist beim System Amazon nicht nur der wirtschaftliche Druck auf die Verlage oder die Tatsache, dass der Konzern keine Gewinn- und Umsatzsteuern zahlt. Skipis sieht auch kulturpolitische Einschnitte. Auf der einen Seite könne der Konzern Autoren und Bücher verschwinden lassen, denn »wer bei Amazon nicht gelistet ist, existiert nicht«. Der Börsenverein habe sich deshalb an die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, gewandt. »Wir halten eine Anpassung des Kartellrechts an die Gegebenheiten eines digitalen Marktes für notwendig«, sagte Skipis gegenüber »nd«.

Auf der anderen Seite versuche Amazon, den Verlagen ihre Autoren abzujagen, erklärt Reinhold Joppich vom KiWi-Verlag im Norddeutschen Rundfunk. »Dabei vergessen sie zu sagen, dass sie nicht dieselben Leistungen erbringen: Pressearbeit, Lizenzen und dergleichen mehr.«

Auch der Verband Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV) - beim Thema Mindestlohn entschiedener Gegner staatlicher Regulierung - spricht bei Amazon von »grober Wettbewerbsverzerrung« und hat ein schärferes Vorgehen der Politik gefordert. Onlinegiganten wie Amazon »dringen massiv auch in unsere regionalen Werbemärkte ein. Und das tun sie weitgehend unreguliert«, erklärte der Verbandsvorsitzende Andreas Scherer anlässlich der Jahrestagung des VBZV am Mittwoch in Rosenheim. »Entscheidend ist, dass die Politik endlich aufwacht und das Problem in seiner ganzen Tragweite erkennt.«

Zu dieser Tragweite gehört längst auch die Verhandlung über ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA, das auch die deutsche Bundesregierung vorantreibt. Denn damit könnte die Buchpreisbindung fallen. Für die Buchbranche böten sich durch das Abkommen »keine möglichen Chancen, sondern nur Risiken«, sagte Skipis und kritisierte die Verhandlungen als »intransparent«.

Erst wenige Verlage zogen aus den Auseinandersetzungen mit Amazon Konsequenzen. Im vergangenen Jahr kündigten die Verlage Kunst- und Literaturverlag Ch. Schroer in Lindlar bei Köln und der Mainzer VAT mit jeweils offenen Briefen die Zusammenarbeit mit Amazon. Christopher Schroer schrieb in seiner Begründung im Februar 2013: »Sie behandeln Menschen wie Ware. Menschen, die in eine Notlage geraten sind, die Arbeit dringend brauchen. Diese Menschen, Ihre Arbeitnehmer, Ihr «Humankapital», behandeln Sie mit genauso unfairen Praktiken, die Sie schon uns haben angedeihen lassen.«

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