Auskunfteien wissen (fast) Alles über Sie!
Schufa, Scoring und der Datenschutz bei Banken und Versicherungskonzernen
Auskunfteien sammeln für Finanzkonzerne Abermilliarden Daten von Millionen von Kunden im ganzen Land. Ein Entkommen ist kaum noch möglich. Verbraucher sollten also genau überlegen, wie sie auf diese Sammelwut reagieren.
Was HIS alles registriert
Bei Versicherungsunternehmen ist ziemlich klar, was die Schadensabteilungen an Daten sammeln und dauerhaft aufbewahren. Seit 2011 nutzen sie ein neues »Hinweis- und Informationssystem«, kurz HIS. Es soll die Risikoprüfung neuer Kunden erleichtern und Versicherungsbetrug bekämpfen helfen. Der Assekuranzverband GDV in Berlin beziffert den jährlichen Schaden durch fehlerhafte, unvollständige, betrügerischer Angaben auf rund vier Milliarden Euro.
Die Versicherungsunternehmen melden nach bestimmten Meldekriterien auffällige Schadenhäufigkeiten oder Auffälligkeiten im Leistungsfall an HIS, die auf einen möglichen Betrug hinweisen. Bei Autoversicherungen wird jeder Totalschaden gemeldet, auch der Diebstahl eines Fahrzeugs. Angebliche Abrechnungen von Unfallgegnern werden ab einer Meldeschwelle registriert, ebenso Hagel- oder Wasserschäden ab einer gewissen Schadenhöhe sowie erkannter Versicherungsbetrug.
In der Lebensversicherung werden Daten über Probleme beim Vertragsabschluss weitergegeben. Auch die Höhe von Rentenversicherungen oder der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsabsicherung registriert HIS. In der Rechtsschutzversicherung ist eine Meldung üblich ab dem vierten Versicherungsfall innerhalb von zwölf Monaten.
Betrieben wird das branchenweite System von einer Tochtergesellschaft der Bertelsmann-Gruppe. Diese ist ähnlich wie die Schufa oder Creditreform auch als Kreditauskunftei tätig, beliefert also Unternehmen gegen Bezahlung mit Informationen aller Art. HIS arbeitet allerdings im Online-Verfahren und getrennt nach Versicherungssparten - das Gesamtprofil einer Person über alle Sparten ist so laut Verbandsangaben »nicht erstellbar«.
Skepsis der Datenschützer
Unter anderem dies erklärt, warum Daten- und Verbraucherschützer weitgehend Burgfrieden mit der »Schwarze Liste« geschlossen haben. Trotzdem halten sie eine gewisse Willkür nach wie vor für möglich und gefährlich: So würden Vorfälle nach Punkten gewichtet (»Scoring«), und selbst Mutmaßungen von Sachbearbeitern würden »beauskunftet«, wird kritisiert.
Dagegen befinden sich Auskunfteien der Banken weiterhin Mitten im Visier der Daten- und Verbraucherschützer. Die mit Abstand größte ist die in Wiesbaden ansässige »Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung«, kurz Schufa. Sie gehört einigen Banken und Sparkassen. Doch fast jeder Bundesbürger ist von ihr erfasst.
Die Schufa wirbt damit, dass sie 682 Millionen Datensätzen über 66 Millionen Verbraucher gesammelt hat. Erstaunlich: Lediglich 700 Beschäftigte bearbeiten 300 000 Anfragen vom Ratenkredit bis zum Handyvertrag - täglich. Dabei hat eine negative Schufa-Auskunft für Verbraucher herbe Konsequenzen: Kreditablehnung oder höhere Zinsen. Doch laut Schufa sind die Daten zu 91 Prozent positiv.
Schutz vor Sammelwut
Genaueres werden Verbraucher erst im Sommer erfahren. Das Bundesjustizministerium veröffentlicht dann eine Studie zu den Auskunfteien und der Ermittlung der Kreditwürdigkeit der Verbraucher. Viele Fragen sind aber noch ungeklärt.
Wie nun können Verbraucher sich schon heute vor der Sammelflut schützen?
Schummeln ist keine Lösung: Wer etwa beim Abschluss einer Kranken- oder Pflegeversicherung wichtige Fragen zur Gesundheit wissentlich falsch beantwortet, riskiert die Kündigung. Und das vollkommen zu Recht, wie der Bundesgerichtshof am 12. März 2014 (Az. IV ZR 306/13) urteilte.
Schriftliche Auskunft
Doch Sie sollten wenigstens überprüfen, ob »Ihre« Daten stimmen - und gegebenenfalls dagegen vorgehen. Verbraucher können für eine Gebühr von 18,95 Euro im Internet ihre Schufa-Daten abrufen und prüfen, ob sie noch zutreffen.
Dagegen informieren Versicherer die Betroffenen direkt und automatisch, sobald ein Eintrag in das HIS vorgenommen wurde. Jeder Kunde kann zudem eine sogenannte Selbstauskunft erbitten. Hermannus Pfeiffer
Anfragen postalisch an:
Informa Insurance Risk and Fraud Prevention GmbH
Abteilung Datenschutz
Rheinstraße 99
76532 Baden-Baden
Fragen & Antworten zum Thema Kontenabfragen im nd-ratgeber Nr. 1152 vom 21. Mai 2014
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