Erstes Durchatmen auf der Datsche

Bundesrat lässt ostdeutsche Mieter und Pächter auf längeren Kündigungsschutz hoffen

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
Dem Antrag Brandenburgs, Datschenbesitzern für drei weitere Jahre die Nutzung ihrer Häuschen zu sichern, hat der Bundesrat zugestimmt. Nun muss der Bundestag darüber entscheiden.

Der Bundesrat hat sich am Freitag in Berlin hinter einen brandenburgischen Gesetzentwurf gestellt, in dem der besondere Kündigungsschutz für ostdeutsche Datschenbesitzer bis 2018 verlängert werden soll. Die Nutzer sollen außerdem grundsätzlich von den Kosten für den Abbruch der von ihnen errichteten Wochenendhäuser freigestellt werden.

Einvernehmlich bestimmte die Länderkammer Brandenburgs stellvertretenden Ministerpräsidenten, Justizminister Helmuth Markov (LINKE), zum Beauftragten der Länderkammer für diesen Gesetzesinitiative beim Bundestag. Markov erklärte im Anschluss: »Ich freue mich über den Beschluss des Bundesrates und setze nun darauf, dass auch der Bundestag den Weg für eine Änderung der Übergangsfristen frei macht.«

Nach aktuellen Schätzungen des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) gibt es im Bundesland Brandenburg etwa 100 000 Datschen, in den Ostdeutschland sind es annähernd 500.000.

Gemäß geltendem Recht endet ab 3.Oktober 2015 der besondere Kündigungsschutz für ostdeutsche Datschen. Grundstückseigentümer können dann ohne Eigenbedarf kündigen. Allerdings müssen sie im Rahmen einer siebenjährigen Investitionsschutzfrist Entschädigungen für Gebäude und Anpflanzungen zum Zeitwert zahlen.

Die Datschennutzer haben zumeist gewöhnliche Miet- oder Pachtverträge abgeschlossen, die der Grundstückseigentümer nach Ablauf der Frist jederzeit beenden kann. Sie unterliegen damit weder dem besonderen Schutz des Bundeskleingartengesetzes noch des Wohnungsmietrechts. Die Eigentumsrechte für die Datschen hängen damit in der Luft, da die diese nach bundesdeutschem Recht nur unzureichend geschützt sind. Denn nach DDR-Recht war es möglich, Gebäudeeigentum und Grundstückseigentum zu trennen. Im bundesdeutschen Recht ist der Grundstückseigentümer dagegen privilegiert. Das Gebäudeeigentum geht auf ihn über. Wenn der Grundstücksbesitzer jedoch nach Ablauf der Investitionsschutzfrist nach dem 3. Oktober 2022 kündigt, muss er nicht nur keine Entschädigung zahlen, sondern darf dem Nutzer auch noch die Hälfte der Abrisskosten für die Datsche auferlegen.

So sieht es jedenfalls das bestehende Schuldrechtsanpassungsgesetz vor. Mit anderen Worten: Diejenigen, die in der DDR ihre Wochenendhäuschen zumeist mit eigener Hände Arbeit errichtet haben, sollen im Interesse zumeist westdeutscher Immobilienbesitzer entschädigungslos enteignet werden, wobei sie diesen Leuten auch noch den Abriss zu bezahlen haben. Und kann es für all das einen sinnfälligeren Tag geben, als den der deutschen Einheit?

Mit der brandenburgischen Gesetzesinitiative wird nun ein weiterer Anlauf unternommen, diese Probleme im Sinne der Datschenbesitzer zu lösen. Allerdings rechnet der VDGN nicht damit, dass es in Brandenburg ab 2015 zu »einer riesigen Kündigungswelle« kommt, wie Verbandssprecher Holger Becker unlängst in der Presse erklärte. Für die meisten Wochenendgrundstücke, so Becker, bringe die weitere Verpachtung die höchste Rendite.

In Berlin nimmt der Druck, Datschenland in Bauland umzuwandeln, dagegen inzwischen spürbar zu. Nicht nur der Berliner Grundstücksmarkt, sondern auch die Immobilienpreise und Mieten im umliegenden Speckgürtel befinden sich im Auftrieb. Insofern kann eine Kündigungswelle langfristig nicht mehr ausgeschlossen werden.

Während die Länderkammer die rot-rote Initiative ohne Auseinandersetzungen passieren ließ, übte die brandenburgische CDU Kritik an der Entscheidung. Die Abrisskosten dürften »nicht dem Grundstückseigentümer übergeholfen werden, der seinen Besitz zurückerhält«, erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Rainer Genilke.

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