Brassmusik mit linkem Schlag
Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot eröffnete das Pressefest.
»Wir wurden eingeladen, um junge Leute zu beglücken«, sagen Roland und Heiner von der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot kurz vor ihrem Auftritt. Sie spielen gleich beim Pressefest von »neues deutschland« im Hof des Gebäudes am Franz-Mehring-Platz 1. Für die KünstlerInnen ist das ein ungewöhnlicher Ort, da er für deutsch-deutsche Geschichte stehe, wie ich später noch von der Band erfahre.
Das ndLive-Programm für den heutigen Tag hat viel zu bieten. Neben politischen Diskussionen und Lesungen stehen dem Publikum bei diesem Pressefest auch diverse kulturelle Veranstaltungen zur Auswahl, darunter eine Reihe von Lesungen und Konzerte - wie zum Beispiel das der Kurkapelle.
Der Name der Band macht mich neugierig. Außerdem klingen die Töne, die am Vormittag bereits aus dem Innenhof ins Foyer durchdringen, sehr verlockend. Ich beschließe, mich näher über die MusikerInnen zu informieren und freue mich sehr darüber, dass sich zwei Kurkapellen-Mitglieder spontan dazu bereit erklären, mir einige Fragen zu beantworten.
Was es mit dem Namen der Gruppe auf sich hat und was die KünstlerInnen durch ihre Musik zum Ausdruck bringen wollen, verraten mir Roland (Klarinette) und Heiner (Trompete). Die Kurkapelle wurde 1986 in Prenzlauer Berg gegründet und probt dort immer noch einmal in der Woche. »Inzwischen sind wir alle verheiratet oder verschwägert«, scherzt Roland.
Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Kurkapelle und beschreibt den Namen der Gruppe als »programmatisch«. »Bolschewistisch« ist ihm zufolge ein politisches Statement und die Farbenkombination Schwarz-Rot kann als der »Sehnsuchtsort Deutschland« verstanden werden, weil ja die Farbe »Gold« fehlt.
Die Gründungsidee der »Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot« orientiert sich an Bertolt Brecht und Hans Eisler, was unter anderem an deren zeitkritischer politischer Haltung liegt. »Wir möchten Akzente setzen und das Publikum zum Nachdenken anregen«, erklären mir die Musiker. Sie spielen für keine Partei im Wahlkampf, weil sie sich »nicht instrumentalisieren lassen wollen«.
Roland und Heiner verstehen ihre »Kurkapelle« als Künstlerkollektiv. »Wir entscheiden alles zusammen«, berichten mir die Musiker. Außerdem gibt es in der Gruppe keinen dauerhaften Solisten oder Frontsänger, so dass alle Mitglieder einen gleichwertigen Teil zu der Musik beitragen. Auf der Bühne »verschwinden wir hinter der Musik«, sagen sie. Deswegen benötigen sie auch keine ausgefallene Kleidung oder extravagante Solisten. An diesem Tag tragen sie schwarze Anzüge und weiße Hemden, die Frauen unter ihnen schlichte dunkle Kleider.
Kurz bevor der Auftritt der Kurkapelle beginnt, fängt es an zu regnen. Die Band versichert dem Publikum, dass nach ihrem ersten Lied »Stürmt das Schloss« der Himmel aufreißen und die Sonne strahlen würde. Zu dem Wunsch passen die aufrüttelnden, schnellen Rhythmen, der Sprechgesang und der volle Klang der Bläser im ersten Stück.
Ganz so leicht lässt sich der Regen nicht vertreiben. Ein paar Lieder später und mit Hilfe von ihrem Donald-Duck-Song behalten die Musiker aber doch recht mit ihrer Wettervorhersage.
Mit ihren prägnanten, provokanten und vor allem ironischen Texten können sie das Publikum schnell für sich gewinnen. Zu dem Repertoire der Band gehören aber auch traditionelle Arbeiterlieder, die sie modern interpretieren. So lässt sich die Musik der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot schwer fassen und kategorisieren. Sie mixen verschiedene Stücke zusammen, so dass eine neue Musik entsteht. Dass mitunter auch gerappt wird, spricht vielleicht auch dafür, dass die Kurkapelle mit der Zeit geht und somit ihren kritischen Blick bewahrt. Heiner beschreibt den Stil der Kurkapelle sehr treffend mit den Worten »Brassmusik mit linkem Schlag«.
Text und Ton während der fast einstündigen Einlage der Non-Profit-Kurkapelle boten den passenden Auftakt für das Pressefest 2014.
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