Bund und Länder wollen schnellere Hartz-Sanktionen

Bericht: Arbeitsgruppe von Bund und Ländern einigt sich auf Strafen gegen Erwerbslose bereits beim ersten Verstoß / Ministerium weist Darstellung zurück

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Berlin. Den Empfängern von Hartz-IV-Leistungen soll nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung künftig bereits beim ersten Verstoß gegen Pflichten vom Jobcenter das Geld gekürzt werden. Auf eine entsprechende Verschärfung der Sanktionen hätten sich Bund und Länder in einer Arbeitsgruppe geeinigt. Sanktionen werden verhängt, wenn Hartz-IV-Bezieher gegen Auflagen verstoßen und beispielsweise Termine im Jobcenter verpassen oder ihnen angebotene Arbeit verweigern. Die Strafen sind stark umstritten, unter anderem die Linkspartei und die Grünen verlangen mindestens die Aussetzung des Strafsystems. «Die Sanktionspraxis führt zu massenhaften Rechtsverstößen. Grundrechte kürzt man nicht. Die Sanktionen gehören abgeschafft», sagte die Linke-Vorsitzende Katja Kipping.

Erst am Montag war bekannt geworden, dass 2013 mehr als ein Drittel aller Klagen und Widersprüche von Erwerbslosen gegen Sanktionen bei Hartz IV erfolgreich gewesen ist. Danach wurde in 42,5 Prozent aller Fälle bei Klagen gegen Sanktionen dem Erwerbslosen Recht gegeben, heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei. Von 6.367 entschiedenen Klagen wurden 2.708 vollständig oder teilweise zugunsten der Betroffenen entschieden. Von 61.498 Widersprüchen gegen Sanktionen bei Hartz IV wurden 22.414 vollständig oder teilweise zugunsten der Betroffenen entschieden. Das sind über 36 Prozent.

Erst Anfang des Monats lag dem Bundestag ein Antrag der Linksfraktion vor, die Sanktionen bei Hartz IV und die Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abzuschaffen. Neben der Linkspartei wollen die Grünen zumindest Einschränkungen der Sanktionen, auch die SPD machte im Parlament deutlich, man müsse darüber sprechen, ob die Sanktionen in der jetzigen Form ihre Ziele erfüllten. Das sei insbesondere bei den unter 25-Jährigen fraglich. Die Linkspartei sieht Sanktionen und Leistungseinschränkungen im Sozialrecht als «Ausdruck eines Sozialstaats», der «als paternalistischer Erziehungsstaat agiert. Insofern sind Sanktionen und Leistungseinschränkungen Überbleibsel einer armenrechtlichen Tradition des Arbeitshauses und der Disziplinierung zu Wohlverhalten». Sanktionen würden auch «auf die Mitte der Gesellschaft» zielen und dort «zu Ängsten und Verunsicherung bei den Beschäftigten» führen. Der Druck, auch niedrig bezahlte Beschäftigung anzunehmen, habe prekäre Beschäftigungsformen auf dem Arbeitsmarkt verfestigt und führe zu niedrigen Löhnen. Die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften werde so geschwächt.

Ministerium weist Darstellung zurück

«Das Bundesarbeitsministerium wies die Darstellung inzwischen zurück. »Festlegungen oder Beschlüsse liegen noch nicht vor, Ergebnisse werden im Herbst erwartet.« Erst dann sei zu entscheiden, welche Vorschläge in einem Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden. Damit sei im Laufe des Jahres zu rechnen. Die Rechtsvereinfachung habe das Ziel, »weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Betreuung der Hilfebedürftigen zu schaffen. Es ist explizit nicht Ziel der Änderungen, den Leistungsbezug restriktiver zu gestalten.«

nd/mit Agenturen

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