Ein Rettungsring für alle Banken
Fast alle Geldhäuser profitierten von den staatlichen Stützmaßnahmen in der Krise
»Wir werden aus heutiger Sicht nicht mitmachen, weil wir ja stark sind«, mit diesem Satz verkündete der einstige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mitten in der Bankenkrise im Herbst 2008, dass sein Institut keine Finanzhilfen aus dem staatlichen Bankenrettungsfonds annehmen werde. Heftige Kritik musste Ackermann damals für diese Ansage einstecken. Und dabei ist der Satz nicht ganz richtig: Zwar erhielt die Deutsche Bank keine direkten Staatshilfen, dafür profitierte sie aber von der Rettung anderer Banken.
Über zehn Milliarden Euro hätte das Frankfurter Finanzinstitut nämlich abschreiben müssen, wären AIG, Bankia, HRE und Co. nicht gerettet worden. Berechnet hat diese Summe der Grünen-Europa-Abgeordnete Sven Giegold. »Dies ist aber nur die Spitze des Eisberges«, sagt Giegold gegenüber »nd«. Sage und schreibe 3,3 Billionen Euro haben die USA und die Staaten der EU für die Rettung ihrer Banken ausgegeben. Doch von lediglich 162 Milliarden Euro, weiß man, wohin sie geflossen sind - wer also auch indirekt von der Bankenrettung profitierte.
So pumpte der Bund 175 Milliarden Euro in die Pleitebank Hypo Real Estate (HRE). Allerdings ist nur von einem Teil dieser Summe, nämlich rund 89 Milliarden Euro, bekannt, wohin er weiter floss. Meistens wurden damit Forderungen von Gläubigern bedient.
Bei der HRE zeigt sich zudem, dass jeder mitgezockt hat. Von der Deutschen Bank über die Commerzbank bis hin zur Deutschen Apotheker- und Ärzte Bank - fast alle hatten bei ihr angelegt. Und meistens waren es ungesicherte Wertpapiere, die die Finanzinstitute der HRE abkauften. Dieses Geld wäre weg gewesen, hätte die Bundesregierung die Bank damals nicht gerettet.
Zudem war die Bankenrettung eine internationale Angelegenheit: ausländische Banken profitierten von der Rettung deutscher Institute und deutsche Geldhäuser profitierten von der Rettung ausländischer Banken. Zum Beispiel wäre für die Deutsche Bank eine Pleite der Münchner HRE nicht so schlimm gewesen wie ein Bankrott des US-amerikanischen Versicherers AIG. Bei der HRE hatte das Frankfurter Geldhaus rund 1,8 Milliarden Euro angelegt, bei den Amerikanern waren es über acht Milliarden Euro.
»Praktisch alle relevanten Institute haben von der Bankenrettung profitiert«, so Giegold. Insgesamt 56 Milliarden Euro an Forderungen konnten heimische Institute in Sicherheit bringen, weil Staaten anderen Banken unter die Arme griffen. Bei der Rettung der spanischen Bankia etwa flossen rund 200 Millionen Euro an deutsche Geldhäuser. Neben der Deutschen Bank konnten sich vor allem die Hypo-Vereinsbank (2,7 Milliarden Euro), die BayernLB und die Commerzbank (beide 2,1 Milliarden Euro) über diese indirekten Hilfen freuen.
Letzten Endes sind diese Zahlen jedoch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. »Wie hoch die Verluste bei einer Bankenpleite tatsächlich gewesen wären, kann keiner genau sagen«, räumt Giegold ein. Viele Gläubiger hätten auf der Höhe der Finanzkrise komplett leer ausgehen können. Deswegen nahm der grüne Politiker bei seinen Berechnungen an, dass die Verlustquote 100 Prozent betragen hätte. Demnach profitierte zum Beispiel die Postbank in Höhe von 976 Millionen Euro von der HRE-Rettung, weil sie genau diese Summe in ungesicherten HRE-Wertpapiere angelegt hatte.
Doch letzten Endes sind nur bei fünf Prozent der Finanzmittel, die für die Bankenrettung ausgegeben wurden, die tatsächlichen Empfänger bekannt. »Herr Schäuble soll die genauen Zahlen vorlegen«, fordert deswegen Giegold die Offenlegung der restlichen 95 Prozent.
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