Energiesoli oder Sonnensteuer?

Für den Verbrauch selbst produzierten Stroms wird künftig ein Teil der EEG-Umlage fällig - doch es gibt zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen

  • Jörg Staude
  • Lesedauer: 4 Min.
Um die Belastung des Eigenstroms mit der EEG-Umlage tobt ein bizarrer Streit. Durchgesetzt haben sich vor allem die Betreiber fossiler Großkraftwerke.

Als Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Mitte Januar die Eckpunkte seiner EEG-Reform vorlegte, laut denen Stromerzeuger künftig für den von ihnen selbst verbrauchten Strom eine EEG-Umlage zahlen sollten, schossen die Vergleiche ins Kraut: Das sei so, als würde ein »Schrebergärtner auf sein selbst geerntetes Gemüse eine Abgabe zahlen, um die Landwirte zu subventionieren«, empörte sich Günther Häckl, Präsident des Bundesverbandes Solarwirtschaft.

Der Ärger gerade bei den Ökostromern über die kommende Belastung des Eigenverbrauchs, kurz Eigenstrom genannt, war verständlich. Der Ausbauboom bei den Erneuerbaren war schließlich das Herzstück der Energiewende und des Klimaschutzes. Und wer Eigenstrom nutzt, braucht kein Netz und keine Strombörse, spart also Kosten - warum sollte er, wie Gabriel es wollte, mit 70 Prozent der EEG-Umlage, im Jahr 2014 also mit 4,4 Cent je Kilowattstunde, zur Kasse gebeten werden?

Einspruch: So ganz von allein wächst das energetische Gemüse im Schrebergarten nicht, denn es wurde und wird durch die Ökostromförderung kräftig gegossen. Insofern war die Frage berechtigt, ob die Gewinner der Energiewende nicht auch etwas zurückgeben sollten. Gabriels PR-Strategen erfanden dafür den Begriff des »Energiesolis« oder der »Solidarabgabe«, die Solarbranche konterte in dem bizarren Streit mit der »Sonnensteuer«. Zudem konnten die Ökostromer darauf verweisen, dass mit der EEG-Reform die durchschnittliche Vergütung für Solarstrom von 19 auf 12 Cent pro Kilowattstunde sinken soll. Weil Besitzer kleinerer Solaranlagen im Schnitt die Hälfte ihres Stroms selbst verbrauchen (auf diese Hälfte wären dann die 4,4 Cent fällig), kam schnell die Verlustgrenze in Sicht. Sich so hunderttausende Eigenheimbesitzer, die sich eine Solaranlage aufs Dach gesetzt haben, zum Feind zu machen, erschien Schwarz-Rot nicht ratsam. Also wurde eine Bagatellgrenze von zehn Kilowatt Leistung ins Gesetz geschrieben, bis zu der neue, kleine Solaranlagen keine EEG-Umlage zahlen sollten.

Eigenstrom nutzen allerdings nicht nur energetische Kleingärtner, sondern auch mehr und mehr Unternehmen. Hintergrund: Wer in den Genuss von Strompreisrabatten kommen wollte (was u.a. die Befreiung von der EEG-Umlage bedeutete), musste bestimmte Kriterien von Energieintensität und Stromkostenanteil erfüllen. Um das zu erreichen, wandelten Unternehmen flugs ihre Energieabteilungen in eigenständige »Töchter« um oder kauften sich sogar Anteile an einem Kraftwerk. 2014 wird die Industrie schätzungsweise etwa 20 Prozent ihres Strombedarfs mit Eigenstrom decken - absolut sind das deutlich über 40 Terawattstunden (TWh). Der Eigenverbrauch bei den Solaranlagen erreicht vergleichsweise geringe 2,8 TWh, weshalb bei ihnen die Belastung oder Befreiung des Eigenstroms von der EEG-Umlage wenig bringt oder kostet. Die zwischenzeitliche Streichung der Zehn-Kilowatt-Bagatellgrenze im Gesetzgebungsverfahren war deshalb reiner Gabrielscher Populismus.

Bei der Industrie ist das anders. Schon geringe Prozentsätze, für die beim Eigenstrom die EEG-Umlage zu zahlen wäre, lassen die Kassen klingeln. Entsprechend zog sich das lobbyistische Tauziehen, wer wie belastet wird, über Monate hin. Die jüngste Wende wurde von der Kritik der EU-Kommission eingeleitet. Sie sprach von Wettbewerbsverzerrung, weil Bestandsanlagen zur Eigenstromversorgung befreit wurden. Zudem sollten Unternehmen, die neue Anlagen zur Eigenstromerzeugung errichten, aber nicht zu den besonders strom- und wettbewerbsintensiven Branchen gehören (die kommen in den Genuss der Strompreisrabatte), nur 15 Prozent der EEG-Umlage zahlen.

In einer hektischen Abstimmung einigten sich Bundesregierung und EU-Kommission in den letzten Tagen darauf, die Bagatellgrenze für Anlagen bis zehn Kilowatt beizubehalten. Auch Bestandsanlagen - Stichtag ist der 23. Januar 2014 - bleiben vorerst bis 2017 beim Eigenverbrauch befreit. Eigenstrom aus neuen Ökostrom- oder Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung wird mit 40 Prozent der EEG-Umlage belastet, alle anderen sollen die volle Umlage zahlen. Das wird zunächst abgemildert durch einen »gleitenden Einstieg«. Bis Ende 2015 sind auf Eigenstrom nur 30 Prozent der EEG-Umlage fällig, 2016 dann 35 Prozent.

Wirklich Privilegierte gibt es weiterhin: Fossile Großkraftwerke, die etwa zehn Prozent ihres Stroms selbst verbrauchen, brauchen dafür nichts zu bezahlen.

In Gabriels Eckpunktepapier von Mitte Januar hieß es: »Zukünftig wird im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt. Nicht erfasst wird der so genannte Kraftwerkseigenverbrauch.« Der erste Satz ist heute Makulatur, der zweite wurde exakt eingehalten.

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