Zweifel an der BKA-Version

Untersuchungsausschuss prüft, warum Vorwürfe gegen Edathy nicht früher verfolgt wurden

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Nachdem die Opposition lange gezögert hatte, nimmt nun der BKA-Untersuchungsausschuss zum Fall Sebastian Edathy seine Arbeit auf.

Schon kurz vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses zur sogenannten Edathy-Affäre deutete sich Streit zwischen Koalitions- und Oppositionspolitikern an. Die Union spielte sich als Verteidigerin des Bundeskriminalamtes (BKA) auf. Seine Fraktion werde nicht zulassen, dass das BKA zu Unrecht an den Pranger gestellt werde, verkündete der designierte Unions-Obmann Armin Schuster (CDU).

Die Union sieht Fehler vielmehr im rot-grün regierten Niedersachsen. Es habe lange gedauert, bis dort die Ermittler Maßnahmen gegen Edathy eingeleitet hätten, so Schuster. Deshalb will die Union den Leiter der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, befragen. Die Grünen wollen diese Untersuchungen nur auf Landesebene und sprachen sich dagegen aus, dass ihre Parteikollegin, Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, in Berlin aussagt.

Der Ausschuss wird die Rolle des BKA untersuchen, weil noch immer unklar ist, warum es die Vorwürfe gegen Edathy nicht früher verfolgte. Fahnder aus Kanada hatten dem BKA schon im Herbst 2011 Daten übergeben, in denen Edathy namentlich als Besteller von Kindernacktfotos auftauchte. Allerdings begannen die deutschen Ermittler erst im Oktober 2013, gegen den SPD-Politiker vorzugehen. Das BKA informierte zunächst das Bundesinnenministerium über den Verdacht gegen Edathy. Der damalige Minister Hans-Peter Friedrich (CSU) weihte während der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD Edathys Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel ein, weswegen er später zurücktreten musste. Edathy legte im Januar sein Mandat nieder und tauchte unter.

Zu Frage, warum das BKA erst so spät aktiv wurde, hatte der Innenausschuss des Bundestags mehrfach BKA-Präsident Jörg Ziercke befragt. Grünen und LINKEN gingen seine Erklärungen aber nicht weit genug. Laut Ziercke sei man zu Beginn der Durchsicht im Januar 2012 auf einen Namen aus dem eigenen Haus gestoßen und dort erst einmal hängen geblieben. Der Ausschuss soll auch klären, wie das BKA mit diesem Fall in den eigene Reihen umging. Aus Sicht der Grünen ist es das Ziel, dass Daten künftig schneller ausgewertet werden könnten. Frank Tempel, der die LINKE im Untersuchungsausschuss vertreten wird, erklärte, man müsse untersuchen, ob das BKA wegen des Personalabbaus seiner Arbeit nicht mehr nachkommen könne. Wenn der Ausschuss seine Arbeit abschließt, dürfte dieser Handlungsempfehlungen an das BKA abgeben.

Zudem soll der Ausschuss klären, ob jemand Edathy gewarnt hat, damit dieser Beweise vernichten konnte. Kenntnis von dem Vorgang hatten die Ermittlungsbeamten. Es könnte aber auch möglich sein, dass ein SPD-Kollege Kontakt zu Edathy aufgenommen hatte. Hier sehen Koalitionspolitiker allerdings geringe Chancen auf Aufklärung.

Neben Ziercke und Gabriel wird auch Edathy als Zeuge im Ausschuss erwartet. Er hatte sich hierfür selbst angeboten. Edathy hält sich derzeit im Ausland auf. Die Frage, ob der SPD-Mann sich wegen Besitzes von Kinderpornografie strafbar gemacht, liegt bei der niedersächsischen Justiz. Über eine Anklageerhebung gegen ihn wurde noch nicht entschieden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -