Linkspartei umwirbt die SPD im Osten

Parteichefs und Spitzenkandidaten wollen in Ländern Gegengewicht zur Dominanz der Merkel-Koalition

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die LINKE will bald in drei ostdeutschen Ländern gemeinsam mit der SPD regieren. Die Sozialdemokraten reagieren noch zurückhaltend auf die Offerten.

Spitzenpolitiker der LINKEN wollen mit einem Aufruf an die eigenen Parteimitglieder und an die SPD für rot-rote Bündnisse werben. Ein entsprechendes Papier soll auf der Vorstandsklausur am Wochenende in Dresden verabschiedet werden. Dies bestätigten Parteikreise dem »nd«. Demnach wollen sich der sächsische Fraktionschef Rico Gebhardt, Brandenburgs Finanzminister Christian Görke und Thüringens Spitzenkandidat Bodo Ramelow mit den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger für ein Gegengewicht »zur Dominanz der Merkel-Koalition« stark machen. In den drei Ländern finden im Spätsommer Landtagswahlen statt. Aus Sicht der LINKEN ist hier der Ausbau der sozialen Sicherung sowie der öffentlichen und sozialen Daseinsfürsorge zentral. Zudem geht es um einen Solidarpakt III für strukturschwache Regionen in Ost und West.

Laut Umfragen könnte in Brandenburg Rot-Rot fortgesetzt werden. In Thüringen, wo derzeit Schwarz-Rot koaliert, ist Rot-Rot oder ein Bündnis aus Linkspartei, SPD und Grünen rechnerisch möglich. Es wird erwartet, dass die LINKE mit Ramelow den Regierungschef stellen könnte. Etwas schlechter stehen die Chancen für eine Mitte-links-Koalition in Sachsen. Hier ist die CDU sehr stark. Zudem dürfte die AfD deutlich mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten.

Derweil berichtete die »Leipziger Volkszeitung«, dass konservative Sozialdemokraten in einem Brief an ihre thüringische Spitzenkandidatin und Sozialministerin Heike Taubert vor einer rot-roten Kooperation warnen. Angeführt von den Ex-Bundestagsabgeordneten Rainer Fornahl und Gunther Weißgerber heißt es darin, die SPD dürfe die als »die organisierte Erbengemeinschaft« der DDR-Hinterlassenschaft bezeichnete LINKE nicht integrieren: »Ihr könnt das Zerbröseln der SPD nicht befördern wollen.«

Gegenüber »nd« betonte Taubert, dass ihre Partei keine Koalitionsaussage gemacht habe und sich erst nach der Wahl entscheiden werde. »Ich habe den Eindruck, dass Bodo Ramelow sich zwar bemüht, die LINKE fit fürs Regieren zu machen. Ein Blick auf das Programm der LINKEN zeigt aber, dass diese sich in den letzten 20 Jahren in der Opposition eingerichtet hat«, sagte sie. Im Programm der LINKEN würden viele gute Dinge stehen, allerdings sei vieles nicht finanzierbar. »Das ist kein Regierungsprogramm«, so Taubert. Sie lobte, dass man sich mit der CDU einst auf einen sehr sozialdemokratisch geprägten Koalitionsvertrag geeinigt habe. »Allerdings gibt es in der SPD inzwischen eine Ernüchterung in Bezug auf den Koalitionspartner. So will die CDU etwa Standards im Kita-Bereich abbauen«, kritisierte Taubert.

Sachsens SPD-Spitzenkandidat Martin Dulig wollte hingegen mit »nd« nicht über das LINKE-Papier reden. Aus seinem Büro hieß es, Koalitionen seien nicht Thema der SPD im Wahlkampf. »Wir wollen eher über Inhalte und über die Zukunft Sachsens sprechen.«

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