Linke will »neue Tonart und härtere Gangart« gegen USA
Regierung soll Tätigkeit von CIA und NSA in Deutschland für unerwünscht erklären / Steinmeier über US-Spionage überrascht / Missfelder: Müssen froh sein müssen, dass die Amerikaner uns beschützen
Berlin. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat angesichts der Spionageaffäre schärfere Konsequenzen der Bundesregierung gefordert. Kanzlerin Angela Merkel solle ihr »Duckmäusertum« aufgeben, sagte Riexinger der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Es seien »eine neue Tonart und eine härtere Gangart« nötig. der Linkenpolitiker forderte, »die Bundesregierung sollte die Tätigkeit von CIA und NSA auf deutschem Boden formell für unerwünscht erklären«. Die Vereinigten Staaten hätten mit ihrer Überwachungspraxis »die rote Linie längst überschritten« und die US-Geheimdienste behandelten »Europa wie ihren Hinterhof«. Riexinger brachte außerdem ins Spiel, dass »die US-Einrichtungen, von denen aus die Spionage organisiert wird«, durchsucht werden müssten, »um diesem Treiben ein Ende zu setzen«.
Wegen der Spionageaffäre beim Bundesnachrichtendienst ist der Chef des US-Geheimdienstes CIA, John Brennan, nach Informationen von »Spiegel Online« inzwischen in Kontakt mit dem Kanzleramt getreten. Er habe mit Geheimdienstkoordinator Klaus-Peter Fritsche telefoniert, um den Schaden in der Affäre zu begrenzen. Über den Inhalt des Gesprächs hüllten sich beide Seiten in Schweigen, berichtete »Spiegel Online« am Mittwoch.
Derweil hat sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erstaunt und empört über das Verhalten der USA gezeigt und Konsequenzen auch für Botschaftsangehörige nicht ausgeschlossen. Was wirklich geschehen sei, müsse jetzt schnell geklärt werden, sagte der Sozialdemokrat der »Saarbrücker Zeitung«. Es wäre »höchst beunruhigend, wenn es munter mit dem Bespitzeln weiter ginge, während wir gerade dabei sind, die NSA-Abhöraktivitäten aufzuarbeiten, und dafür im Bundestag einen Untersuchungsausschuss eingerichtet haben«, so Steinmeier. »Der Versuch, mit konspirativen Methoden etwas über die Haltung Deutschlands zu erfahren, gehört sich nicht nur nicht, es ist auch völlig überflüssig.« Schließlich würden die US-Seite und Deutschland sehr häufig miteinander sprechen. Auf mögliche Reaktionen auf die Spionagetätigkeit angesprochen sagte der Außenminister, »unsere Reaktion ist keine Frage der Lautstärke, sondern der Reihenfolge«. Man werde hoffentlich bald wissen, ob, wie und mit welcher Intensität sich amerikanische Dienste mit geheimdienstlichen Mitteln illegal Informationen beschafft hätten. »Davon wird abhängen, wie wir auf solche Aktivitäten reagieren werden.«
Eine Delegation des Auswärtigen Ausschusses, die zu Gesprächen in die USA gereist ist, glaubt unterdessen nicht an konkrete Zusagen in der jüngsten Spionageaffäre. »Ich bin sehr, sehr skeptisch bei konkreten Zusagen«, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag in Washington. Es gebe keinerlei Signal, dass die Amerikaner sich in der Frage in ein Rechtsregime fügen würden. »Wir sind nicht auf einer Expedition, die Amerikaner umzustimmen, was ihre Dienste angeht. Da muss man auch realistisch sein«, stellte der CDU-Politiker klar. Der »langfristige Schaden« im transatlantischen Verhältnis sei aber definitiv da. »Das sollte nicht davon ablenken, dass wir an anderer Stelle froh sein müssen, dass die Amerikaner uns beschützen.«
Die Delegation unter Leitung des Ausschussvorsitzenden Norbert Röttgen (CDU/CSU) hält sich von Montag bis Mittwoch in New York und Washington auf. Dabei traf sie unter anderem mit Spitzendiplomatin Victoria Nuland und der Vorsitzenden des Geheimdienst-Ausschusses, Dianne Feinstein, zusammen. Feinstein, die wie andere Senatoren selbst zum Ziel von Spionage durch die CIA geworden sein soll, habe eine »notwendige Wandlung durchgemacht«, sagte Mißfelder über das »sehr gute Gespräch« mit der Demokratin. Hauptgrund der Reise seien allerdings die Krisen im Irak und der Ukraine. Die Aufregung um die US-Spionage dürfe nicht über die Schnüffelei anderer Länder hinwegtäuschen. »Ich gehe fest davon aus, dass andere Länder uns in ähnlichem Maße oder in viel größerem Maße überwachen«, sagte Mißfelder. »Auch andere tun große Mühen daran, herauszufinden, was wir denken.« nd/mit Agenturen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.