Sieben Tage, sieben Nächte
Tom Strohschneider über »No-Go«, No-No und Badelatschen in Redaktionsräumen
Wir wollten ja eigentlich nichts mehr von No-Gos hören. Wirklich nicht. Aber das interessiert natürlich das Marktforschungsunternehmen GfK nur wenig, das uns zum Ende der Woche belehrt, die Mehrheit der Bundesbürger lehne es ab, wenn Kollegen in Badelatschen oder Sandalen im Büro erscheinen. Und mehr noch: Der barfüßige Auftritt am Ort des lohnarbeitlichen Schaffens wird - jetzt kommt’s - sogar für ein »absolutes No-Go« gehalten.
Wer die einschlägigen Diskussionen der vergangen Wochen nicht verfolgt haben sollte: Ein No-Go ist ein Tabu, etwas, das man überhaupt nicht will, für unangemessen hält oder sonstwie ablehnt. Zugrunde liegt diesem Verständnis allerdings ein Missverständnis - was hierzulande als »No-Go« gilt, ist eigentlich ein »No-No«. Aber es gehört sich trotzdem nicht, über »No-Gos« Papiere zu verfassen. Und wenn man es genau bedenkt, ist eigentlich schon das Denken in »No-Go«-Kategorien ein No-No.
Bitte regen Sie sich jetzt nicht gleich darüber auf, dass hier ein Anglizismus verwendet wird. Das Wort Tabu wäre dann auch keine Alternative, es kommt schließlich auch von weither: aus dem polynesischen Sprachraum. Und die vielleicht am ehesten passende deutsche Übersetzung von »No-Go« ist so gruseliges Sprech, nun also, nein: »Das geht gar nicht.«
Aber zurück zu den berufsmäßigen Barfüßlern und den Bürogängern auf Sandalen. (Das Wort stammt übrigens aus dem Griechischen.) Obwohl der Unterschied zwischen beiden Erscheinungsformen sommerlicher Schuhmode praktisch nur in einer zentimeterdicken Gummischicht besteht, wird das eine (Flip Flops) milder betrachtet als das andere (Fuß). Es wird sicher noch viel kulturwissenschaftlicher und sozialpodologischer Forschung bedürfen, um die Gründe für diese Ungleichbehandlung herauszufinden.
Sollten sich angehende Wissenschaftler für das Phänomen interessieren, sind sie herzlich eingeladen - zumindest das Tragen von Sandalen hat in dieser Zeitungsredaktion eine gewisse und mit zunehmenden Außentemperaturen wachsende Anhängerschaft. Das ist eigentlich nie ärgerlich, bisweilen anatomisch interessant und führt fast immer zu lustigen Geräuschen, wenn der Redaktionstross nach blattkritischer Selbstbefassung zurück in die Ressorts strömt. Niemals würden wir Badelatschen jedenfalls für ein »No-Go« halten. Niemals. Aber bei der Umfrage hat uns ja mal wieder keiner gefragt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.