Blick zur »Sonne« für Merkel

Folgen der Spionageaffäre dürften überschaubar sein

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Den Blick zur »Sonne« und eine Flasche Champagner - so etwas muss sich ab und zu auch einen Kanzlerin gönnen dürfen. Gerade dann, wenn sie von Geheimdienstskandalen so genervt ist. Bevor sie zum Fußball nach Brasilien abdüste, ließ Angela Merkel am Freitag in Rostock den Champagner am Bug der »Sonne« zerschellen. So heißt das neue Tiefseeforschungsschiff, das von 2015 an im Pazifik und im Indischen Ozean den Einfluss der Meere auf das Weltklima erforschen soll.

Wie das politische Klima sich in den nächsten Tagen zwischen den USA und Deutschland entwickelt, ist unklar. Das Bundeskanzleramt hat angeblich eine Anweisung an alle deutschen Geheimdienste erlassen, wonach die Zusammenarbeit mit den US-Partnern bis auf Weiteres auf das Notwendigste beschränkt werden sollte. Das ist natürlich Unfug, denn die Kooperation ist so arbeitsteilig und eingespielt, dass sie sich nicht mal schnell gegen Null fahren lässt. Wer will schon verantworten, dass ein Terroranschlag stattfinden konnte, weil Merkel schmollte.

Auch manch Verlangen aus der Opposition ist nur für die mediale Verwendung gedacht: Kryptohandys für alle will Linkenchef Bernd Rixinger, und seine Co-Chefkollegin Katja Kipping schiebt die Forderung nach, die Bundesregierung müsse »spätestens zum Ende der Sommerpause einen abgestimmten Aktionsplan gegen die US-Spionage in Deutschland« vorlegen.

Nur: Wer selbst nicht im Glashaus sitzt, wird nicht mit Steinen werfen. Da der BND aber selbst in geheimen Dokumenten seine Überlegenheit gegenüber der NSA und anderen betont, weil bei ihm alle Beschaffungs- und Auswertungsmöglichkeiten unter einem Dach vereint sind, ahnt man, dass das Thema nicht zu heiß gekocht werden soll.

Dann nämlich könnte die alte Geschichte wieder aufgewärmt werden, dass der BND in der Nixon-Ära manche Interna eher wusste als der US-Präsident. Dann kämen auch wieder die Gerüchte auf, dass man im SWIFT-Datensystems Milliarden-Transaktionen zwischen Finanzinstituten auf der ganzen Welt mitlesen kann. Und dass der BND keinerlei Wirtschaftsspionage betreibt in Ländern der Alliierten, kann man keinem einreden. Auch das ist denkbar: Die USA könnten mal wieder in der Presse lancieren, wie deutsche Dienste wegschauen, wenn deutsche Firmen Nuklear- oder andere gefährliche Technologien Richtung Iran oder in andere Unruheregionen schleusen. Das alles mitgedacht, muss man sich nicht wundern, dass die Merkel-Regierung es bei der medial gut vermarktbaren Ausweisungsbitte an den CIA-Residenten belassen möchte und nicht den Abbruch der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen in Betracht zieht.

Am Dienstag gibt es auf der von der Linksfraktion geforderten Sondersitzung des Innenausschusses nur ein Thema - das Thema. »Ich erwarte, dass die Regierung nicht nur über die beiden jüngsten Spionagefälle berichten wird«, sagt Linksfraktionsvize Jan Korte. »Wir brauchen endlich maximale Transparenz und eine Debatte über Mittel und Wege zum effektiven Schutz der Privatsphäre sowie zur nachhaltigen Eindämmung der Geheimdienste.«

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