Tempobolzen auf Chinesisch

Tom Mustroph trifft den Fluchtgruppenkiller

  • Lesedauer: 2 Min.

Wer zu Cheng Ji will, muss länger warten. Der Radprofi aus China ist der letzte des Klassements und kommt auch meist mit dem allerletzten Grupetto des Tages ins Ziel. Mit mangelnder Leistungsbereitschaft hat dies aber nichts zu tun. Cheng Ji mag als erster Chinese bei der Tour ein Exot sein, sein Können hat ihm aber schon einen martialischen Kampfnamen eingebracht. Er ist der »Fluchtgruppenkiller«.

»Als ich das erste Mal den Namen hörte, war ich überrascht und auch glücklich«, erzählt er »nd«. Das war bei der Vuelta 2012, wo er mit wilder Tempobolzerei so viele Ausreißergruppen wieder einfing, dass seinem Teamkollegen John Degenkolb fünf Etappensiege gelangen. »Jetzt kommt aber auch der Druck, den Namen zu behalten. Ich arbeite jeden Tag daran«, lächelt Cheng Ji. Nun, bei dieser Tour kam selten eine Fluchtgruppe durch; im Massensprint konnte Giant Shimano-Kollege Marcel Kittel drei Erfolge einfahren. Auf der 19. Etappe am Freitag nach Bergerac und dem finalen Tagesabschnitt nach Paris wird Cheng wieder sein Killerbesteck herausholen.

Begonnen hat er 2002 mit dem Radsport. »Mein Trainer sagte mir damals, ich sollte von der Leichtathletik zum Radsport wechseln. Weil ich so dünn war, ich kam vom Laufen, musste ich erst mal Kraftsport machen und begann auf der Bahn. Erst später kam die Straße«, erzählt er. Das Training war hart. »Wir haben nach Kilometern trainiert, nicht nach Stunden. Es hieß: ›Heute fahren wir 180 km.‹ Da hat es niemanden interessiert, wie spät es wurde, bis wir nach Hause kamen.« Gestaltet war das Training so, dass jeder einen Kilometer führte. Diese Alleinfahrten an der Spitze der Trainingsgruppe haben ihn gut vorbereitet für seine jetzige Arbeit als »Fluchtgruppenkiller«. Und weil sein Job oft lange vor dem Ziel erledigt ist, kann er sich gut zurückfallen lassen und Zeitpolster sammeln für die rote Laterne.

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