Mehr Hilfe für die Lebensretter
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine spezielle psychologische Notfallversorgung für Einsatzkräfte - das Land gehört dabei zu den Vorreitern
Drei Jahre nach der Massenkarambolage auf der A 19 hat Mecklenburg-Vorpommern ein System der psychologischen Nachsorge für Betroffene installiert. Bei den Unfällen in einem Sandsturm am 8. April 2011 auf der Autobahn bei Rostock starben acht Menschen, 59 wurden verletzt, 85 Fahrzeuge waren beteiligt. In Auswertung des Ereignisses beschloss das Schweriner SPD/CDU-Kabinett damals, von 2012 an die Landeszentralstelle Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) mit jährlich 80 000 Euro dauerhaft zu finanzieren.
Mecklenburg-Vorpommern gehöre damit zu den Vorreitern in der Bundesrepublik hinsichtlich einer koordinierten Notfallhilfe für Opfer und Angehörige als auch für die Lebensretter selbst, sagte Heiko Fischer, Diplompädagoge und neuer Leiter der PSNV-Landesstelle Greifswald. Die Nachsorgeteams wurden seither aus- und regelmäßig weitergebildet sowie ausgebaut. Alle Fäden zu den ehrenamtlichen Notfallberatern laufen in der Landeszentralstelle PSNV an der Universitätsmedizin Greifswald zusammen.
Derzeit stehen für die spezielle Beratung der Einsatzkräfte von Feuerwehr, Wasserwacht oder Lebensrettungsgesellschaft 33 geschulte Helfer bereit. Für die Betreuung von Opfern und Angehörigen sind darüber hinaus etwa 130 Freiwillige in landesweit 16 Notfallteams tätig.
Im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern gebe es nur relativ selten größere Katastrophen wie den Massenunfall von 2011 auf der A 19, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. So wurde das besondere Notfallteam für die Einsatzkräfte mit dem Ziel einer »Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SbE)« seit März in diesem Jahr erst viermal angefordert, zweimal kam es zum Einsatz. Ereignisse waren ein schwerer Verkehrsunfall auf der Halbinsel Darß sowie der Absturz eines Rettungshubschraubers über der Ostsee.
Die Helfer für die Helfer seien bestens gerüstet, qualifiziert und brächten einen großen Erfahrungsschatz aus ihrer eigenen Tätigkeit in Feuerwehren oder Rettungsdiensten mit, schilderte Fischer, selbst Mitglied in der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und früher Wachleiter an der Ostseeküste. »Psychologische Betreuung für hartgesottene Feuerwehrmänner und Rettungsschwimmer ist kein Tabuthema mehr.«
Mehr und mehr werde auch den Rettern klar, dass sie Erlebtes nicht so einfach wegstecken können. »Geräusche und Gerüche vergisst man nicht«, sagte Fischer. Vorübergehende psychische Probleme nach einem Einsatz seien zwar normal. Doch müsse mittels Akut-Gesprächen ein Verdrängen und Verfestigen solcher Reaktionen vermieden werden. Anderenfalls drohten langfristig psychische und körperliche Probleme wie Schlaflosigkeit, Stress, Angstzustände oder gar eine längere Arbeitsunfähigkeit. dpa/nd
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