Obama genehmigt Luftangriffe auf IS-Milizen im Irak

US-Präsident: Militärschläge zum Schutz amerikanischer Militärangehöriger und bedrohter Minderheiten im Nordirak / Keine Bodentruppen

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. US-Präsident Barack Obama hat Luftangriffe auf IS-Milizen zum Schutz amerikanischer Militärangehöriger und bedrohter Minderheiten im Nordirak genehmigt. Zugleich kündigte er am Donnerstagabend in Washington an, die USA hätten mit dem Abwurf von Hilfsgütern begonnen, um die in der Region vor den sunnitischen Extremisten geflüchteten Menschen zu unterstützen. Wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte, wurden erste Hilfsgüter erfolgreich am Sindschar-Gebirge aus Flugzeugen abgeworfen. Dabei handelte es sich um Nahrungsmittel und Wasser.

Es gehe um den Schutz religiöser Minderheiten, ein Völkermord müsse verhindert werden, sagte Obama. Das Vorgehen der Kämpfer der Gruppe Islamischer Staat bezeichnete er als »barbarisch«. Die bedrohten Menschen im Irak hätten sich lange gefragt, wann Hilfe komme. »Heute kommt Amerika zu Hilfe«, sagte Obama. »Wenn wir die Möglichkeit haben, ein Massaker zu verhindern, dürfen wir nicht wegschauen.« Obama fügte aber ausdrücklich hinzu: »Als Oberkommandierender der Streitkräfte werde ich es nicht zulassen, dass die Vereinigten Staaten in einen weiteren Krieg im Irak gezogen werden.«

Obama betonte aber auch, es würden keine US-Bodentruppen in den Irak geschickt. Luftangriffe habe er insbesondere für den Fall autorisiert, dass IS-Kämpfer gegen die Stadt Erbil vorrücken sollten, in der sich auch US-Militärberater befänden, sagte Obama. Luftangriffe seien auch möglich, wenn die Kämpfer gegen die ins Sindschar-Gebirge geflüchteten Jesiden vorgingen. Es werde sich aber um »gezielte Operationen« handeln. Er nannte keine Einzelheiten.

Mit der Eroberung der Stadt Mossul im Juni hatten sich IS-Milizen in der Region festgesetzt. Zunächst starteten sie den Vormarsch auf Bagdad und bekämpften vor allem Schiiten. Zuletzt rückten die Extremisten aber auch immer weiter in Richtung Norden an die Grenzen der Autonomieregion Kurdistan und damit in christliche sowie jesidische Gebiete vor. Zehntausende sind dort auf der Flucht.

Der UN-Sicherheitsrat hatte das brutale Vorgehen der sunnitischen Extremistengruppe zuvor scharf verurteilt. »Wir müssen prüfen, ob die Attacken Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind. Dann müssen die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden«, sagte der derzeitige Ratspräsident, Großbritanniens UN-Botschafter Mark Lyall Grant, nach einer Sondersitzung des Sicherheitsrates in New York. Das Gremium rief die internationale Gemeinschaft auf, der Bagdader Regierung beizustehen. »Wir sind empört, dass Zehntausende Menschen zur Flucht gezwungen wurden«, hieß es in der Erklärung. »Alle Seiten müssen zusammenarbeiten, um Iraks Souveränität, Einheit und Unabhängigkeit zu sichern.«

Der irakische UN-Botschafter Mohammed Ali Alhakim sagte, die Situation im Nordirak habe sich extrem verschlechtert, »es handelt sich im Grunde um eine humanitäre Katastrophe«. Nötig sei deshalb Hilfe für die Zivilisten. »Das ist Priorität Nummer eins, das ist nötig. Über alles andere kann man in Ruhe nachdenken.« Hunderttausend Menschen flohen nach Angaben des Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche, Louis Raphael I. Sako, am Donnerstag zum Teil zu Fuß aus ihren Heimatdörfern im Norden. »Wie bei einem Exodus oder vergleichbar mit einem Kreuzweg flüchten Christen zu Fuß in der sengenden Sommerhitze des Irak in die kurdischen Städte Erbil, Duhok und Sulaymaniya, unter ihnen auch kranke und alte Menschen, Kinder und Schwangere.« Das sei nicht nur eine humanitäre Katastrophe, es drohe vielmehr ein Völkermord.

Erst am Wochenende hatten die sunnitischen Extremisten das Hauptsiedlungsgebiet der kurdischen Minderheit der Jesiden überfallen und laut Augenzeugen viele von ihnen getötet. Im Sindschar-Gebirge sind nach UN-Angaben 200 000 Menschen vor IS auf der Flucht, die dringend Wasser, Essen und Medizin benötigen. Papst Franziskus rief die internationale Gemeinschaft in einem flammenden Appell zu einem verstärkten Einsatz für die Menschen in der Region auf.

In der Hauptstadt Bagdad dauerte derweil der Streit um das Amt des Regierungschefs an. Wie das unabhängige Nachrichtenportal »Sumaria News« meldete, soll das Parlament erst am Sonntag wieder zusammenkommen, um über die Wahl des Ministerpräsidenten zu beraten. Ob dann tatsächlich abgestimmt wird, blieb zunächst offen. Die Frist, binnen derer Präsident Fuad Massum einen Politiker mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen muss, endete eigentlich Donnerstag.

Wegen des Irak-Konflikts kam es auch in Deutschland zu Ausschreitungen. Im westfälischen Herford brach zwischen IS-Sympathisanten und kurdischen Jesiden Gewalt aus. Nach Angaben der Polizei hatten zunächst radikale Islamisten eine Gruppe jesidischer Männer angegriffen, die mit einem Plakat zu einer Demonstration gegen die Übergriffe auf ihre Glaubensgemeinschaft im Irak aufgerufen hatte. Die Polizei nahm sechs Männer fest, die überwiegend aus Tschetschenien stammen. dpa/nd

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