Kurdischer Fluchtkorridor für Jesiden
USA setzen Luftangriffe gegen Islamischen Staat fort / Rufe nach mehr deutscher Hilfe für Verfolgte in Irak
Unter der Deckung von US-Luftangriffen auf die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) verstärken kurdische Soldaten und Milizen ihre Angriffe auf die Dschihadisten. Die Autonomieregion Kurdistan in Nordirak bat die Welt am Sonntag um Waffenlieferungen. Die Lage nach dem Vormarsch der Extremisten in Gebieten nördlich und westlich der Stadt Mossul hat sich nach UN-Angaben verschärft. Allein dort seien in der Vorwoche rund 200 000 Menschen geflohen, die meisten aus christlichen und jesidischen Dörfern.
Die USA flogen am Wochenende erneut mehrere Luftangriffe auf die Dschihadisten in Nordirak. Wie das US-Zentralkommando mitteilte, galten sie dem Schutz der Jesiden. Alles deute darauf hin, dass die Angriffe erfolgreich gewesen seien. Doch wie Ulla Jelpke berichtete, gefährdeten sie die Zivilbevölkerung. Effektiven Widerstand gegen die Terrorbanden leisteten dagegen kurdische Milizen - vor allem die Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans PKK, so die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der LINKEN, die sich im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Rojava im Nordosten Syriens an der Grenze zu Irak befindet.
Die PKK-Guerilla und mit ihr verbündete Milizen hätten einen Fluchtkorridor von den Sengal-Bergen bis zur syrischen Grenze freigekämpft. So konnten Zehntausende Menschen, insbesondere Angehörige der jesidischen Religionsgemeinschaft, entkommen, wie die jesidische Parlamentsabgeordnete Wian Dachil bestätigte. Diese Flüchtlinge brauchen dringend humanitäre Unterstützung. Denn aufgrund eines Embargos der Türkei gegen die kurdische Selbstverwaltungsregion in Syrien fehlt es an Nahrungsmitteln und Medikamenten.
Auch Tausende Jesiden und irakischstämmige Christen in Deutschland haben am Sonnabend ein rasches Eingreifen gegen die grausamen Verbrechen der Terrormiliz in Nordirak gefordert. »Das ist kein Krieg, sondern Völkermord«, stand auf Plakaten einer Kundgebung in Bielefeld. Ein Bündnis aus Politikern, Menschenrechtlern, Künstlern und Religionsgemeinschaften verlangt von der Bundesregierung, humanitäre Soforthilfe für verfolgte Christen, Jesiden und andere religiöse Minderheiten in Irak auf den Weg zu bringen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) teilte am Sonntag mit, dass weitere 1,5 Millionen Euro für Nothilfemaßnahmen zur Verfügung gestellt würden.
Wie USA-Präsident Barack Obama am Wochenende bekräftigte, sei der Militäreinsatz begrenzt; Bodentruppen würden nicht nach Irak zurückkehren. Nötig sei dort die Bildung einer Regierung, die die religiöse und gesellschaftliche Vielfalt widerspiegele. Doch das Parlament in Bagdad kam auch am Sonntag nicht voran. Bislang ist eine Regierung der nationalen Einheit am Widerstand von Ministerpräsident Nuri al-Maliki gescheitert. nd/Agenturen Seite 5
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