Kein Kermit bei Amazon

Internethändler setzt den Medienkonzern Disney unter Druck

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Internethändler Amazon steckt in den roten Zahlen. Deshalb verhandelt er derzeit besonders aggressiv.

Geht es um die Preisgestaltung, dann legt sich Amazon mit jedem an. Auch mit Größen wie der Walt Disney Company. Amazon-Kunden suchten in der vergangenen Woche vergeblich nach Möglichkeiten, neu auf DVD oder Blu-ray erscheinende Disney-Filme wie die jüngste Folge von Captain America, Maleficent oder Muppets Most Wanted vorab zu bestellen. Bei Amazon ging das nicht mehr. Das ist ein weiterer Zug auf Amazons Schachbrett im Spiel um Marktanteile und Profite, bei dem der Internetriese nur einen Verbündeten hat: sich selber. Alle anderen sind Gegner, ob es der französische Verlag Hachette ist, Warner Home Video oder die Macmillan Group. Amazon will die Preise bestimmen. Wer dem nicht folgt, der wird bestraft.

Weder Disney noch Amazon nahmen zu dem offenkundigen Bestellstopp im Onlineverkauf Stellung. Dennoch war klar, was derzeit geschieht. Denn anderen Firmen war genau dasselbe schon mal passiert. Amazon-Chef Jeff Bezos besteht darauf, dass seine Zulieferer die Preise drastisch senken, um Amazon-Konkurrenten wie Apples iTunes und andere aus dem Markt zu drängen. Niedrigere Preise bringen mehr Verkäufe für Amazon. Die Gewinne des Online-Händlers von Büchern und Videos steigen damit. Doch die Gewinnmarge der Anbieter schrumpft.

Verlagshäuser und Videohersteller sind besonders an den Vorab-Bestellungen interessiert. Denn die geben erste verlässliche Hinweise, mit welchem Verkaufsvolumen man später rechnen kann. Deshalb sind die Verlage in den Preisverhandlungen mit Amazon besonders empfindlich. Beugen sie sich dem Druck nicht, dann werden keine Vorbestellungen getätigt - zum Schaden der Verlage. Denn Amazon kontrolliert etwa 60 Prozent des amerikanischen E-Book-Marktes.

Den bisher heißesten Kampf liefert sich Amazon allerdings nicht mit Disney, sondern mit Hachette. Die Auseinandersetzung hält seit vier Monaten an. Der Streit gipfelte in zwei offenen Briefen am Wochenende. Auch hier hat Amazon die Vorbestellungen gestoppt und auf seinen Angebotsseiten Rabatte für Hachette-Bücher gestrichen. Amazon verlangt von dem Verlag, seine Preise zu senken und Amazon für den Internet-Verkauf 30 Prozent vom Erlös zuzubilligen. Am Sonntag kritisierte Hachettes Vorstandschef Michael Pietsch öffentlich: »Amazon sucht mehr Profit und mehr Marktanteil zu Lasten der Autoren, der Buchläden und von uns selbst.« Er fordere Amazon zur Umkehr auf.

Doch der Internet-Handelsgigant attackiert seinerseits den Verlag. »E-Books können und sollten billiger sein.« Hachette habe erst nachgegeben, »nachdem wir den Verkauf seiner Titel eingeschränkt haben«.

Die Autoren stehen auf der Seite des Verlags. Die Initiative »Authors United«, der 900 Schriftsteller angehören, hatte am Sonntag in einer Anzeige in der »New York Times« kritisiert: »Das ist keine Art, seinen Geschäftspartner zu behandeln. Und es ist nicht der richtige Weg, seine Freunde zu behandeln.«

Die harte Gangart von Amazon hat ihren Grund. Das Unternehmen steckt in den roten Zahlen. Im Juli meldete Amazon einen Quartalsverlust von 126 Millionen Dollar (94,1 Millionen Euro), obwohl der Umsatz um 23 Prozent zugenommen hatte. Amazon-Chef Bezos sagte Verluste von bis zu 800 Millionen Dollar (597 Millionen Euro) voraus. Das könne Investoren veranlassen, Anteile abzustoßen. Weiterhin hat Amazon Probleme mit Steuerbehörden in Europa, den deutschen Kartellwächtern und den Gewerkschaften dort, die die schlechte Bezahlung und Behandlung der Mitarbeiter anprangern.

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