Die Globalisierung kam auf dem Seeweg

Über 90 Prozent der Gütermenge werden über die Ozeane transportiert - neuralgische Punkte sind die Meerengen und großen Kanäle

Der globale Frachtschiffsverkehr konzentriert sich auf einige wenige Hauptrouten. Dort gibt es zwei wichtige Abkürzungen über Land: den Suez- und den Panamakanal.

»Der Welthandel findet auf den Meeren statt«, stellte im Jahr 2011 der damalige Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière fest. Der CDU-Politiker versuchte, mit diesem jahrhundertealten Hut die zunehmenden Auslandsaktivitäten der Deutschen Marine vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Die Frachtschiffsentführungen am Horn von Afrika durch Piraten bedrohten seinerzeit die wirtschaftlichen Interessen der Exportnation Deutschland.

Schon frühere große Handelsnationen wie Venedig, Holland und England waren gleichzeitig Seemächte. Dies hat mit den geografischen Bedingungen auf der Erde zu tun: Zwischen den meisten Kontinenten gibt es keinen Landweg. Und ein Transport etwa zwischen Deutschland und China muss viele Ländergrenzen überwinden, was viel Zeit kostet und den Güterverkehr der jeweiligen politischen Lage ausliefert. Das Meer hat dagegen einen unschlagbaren Vorteil: Es ist ein internationales Gewässer, das schon kurz hinter dem Hafen keine Grenzen kennt. Diesen Vorteil bietet zwar theoretisch auch das Flugzeug - doch es ist für den Massengütertransport um ein Vielfaches teurer. Lediglich bei sehr hohem Warenwert je Gewichtseinheit lohnt sich die Luftfracht. Die Schweizer Luxusuhr ist also ein Fall für das Flugzeug. Hingegen werden Kohle aus Kolumbien, das Billig-T-Shirt aus China oder Europas Müllexporte per Schiff transportiert. Güterverkehr per Zug oder Lkw ist beim internationalen Handel meist nur der Transport vom bzw. zum Überseehafen.

Heute werden über 90 Prozent des Welthandels über die Meere abgewickelt, jährlich fast sieben Milliarden Tonnen. Das Gros konzentriert sich auf einige wenige Routen zwischen den großen Häfen in Europa, Japan, China, Singapur und an der Ostküste der USA. Um Kosten und Zeit zu sparen, nehmen alle Tanker, Massengutfrachter und Containerschiffe den kürzesten Weg. Stau gibt es an den Meerengen - wie den Straßen von Dover, Gibraltar, Malakka, Lombok und Hormus. Und auch an den künstlich angelegten Wasserstraßen, die beim Abkürzen über Land helfen. Die wichtigste ist der Suezkanal, über den mehr als zehn Prozent der weltweiten Seefracht (2012: 739,9 Millionen Tonnen) transportiert werden, vor allem Erdöl und Flüssiggas. Danach folgt der Panamakanal mit 221,6 Millionen Tonnen. Auf dem Nord-Ostsee-Kanal zwischen Brunsbüttel und Kiel verkehren zwar so viele Schiffe wie auf dem Panama- und Suezkanal zusammen, aber eher kleine Pötte - sie transportierten zusammen 104 Millionen Tonnen.

Der Welthandel hinterlässt natürlich auch seinen ökologischen Fußabdruck, der angesichts des gewaltigen Globalisierungsbooms seit den 1980er Jahren gar nicht so groß ist: Rund zehn Prozent trägt der Seeverkehr zu den CO2-Emissionen im Transportsektor bei. Beim Luftverkehr sind es dagegen zwölf Prozent und beim Straßenverkehr sogar 73 Prozent. Umweltprobleme entstehen vor allem im Meer selbst: durch Schwerölverschmutzung, Müll und Lärm. In Küsten- und Hafengebieten emittieren die Frachtschiffe große Mengen an Feinstaub und stellen ein großes Gesundheitsrisiko für die Anwohner dar. Verschrottet werden alte Schiffe meist an den Stränden von Indien, Pakistan und Bangladesch - unter katastrophalen Umwelt- und Arbeitsbedingungen. Die Schiffe enthalten tonnenweise Giftstoffe von Asbest und Blei über Schwermetalle bis zu Chemikalien wie PCB.

Umgekehrt hat die Umwelt auch Einfluss auf den Schiffsverkehr. So schafft die Erderwärmung potenziell neue Routen. Künftig könnten Schiffe zwischen Europa und China statt über die Suezkanalstrecke die Nordostpassage durch die Arktis nehmen. Das hätte den Vorteil, dass dort bislang keine Piraten gesichtet wurden.

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