Sieben Tage, sieben Nächte

Wolfgang Hübner über manipulierte Fernseh-Rankings und über eigene nd-Schuld

  • Lesedauer: 2 Min.

Wir haben es auch getan! Bevor nun noch der letzte Dorfsender kommt und seine Sünden beim Fälschen der Wertungssendung »Die hässlichsten Briefkästen im Siedlungsgebiet« beichtet, wollen wir uns schnell zu Wort melden. Jawohl, wir haben ebenfalls manipuliert. Das heißt, eigentlich nicht richtig manipuliert, sondern nur ein bisschen, naja, sagen wir: suboptimal ausgewertet. Immerhin. Eines Tages wurde in der dunkelsten Ecke der nd-Poststelle ein Karton mit verstaubten Postkarten entdeckt. Es handelte sich, wie wir nach gründlichem Ausklopfen und Absaugen der Papiere erkennen konnten, um Zuschriften zur Wahl der nd-Sportler des Jahres. Die Karten mussten schon sehr lange dort gelegen haben, denn auf ihnen standen Namen, die keiner unserer Sportredakteure noch kennt. Leider konnten wir nicht mehr überprüfen, warum diese Stimmen vergessen worden waren und ob sie das Ergebnis jener Wahl maßgeblich verändert hätten. Aber wir sind zutiefst betroffen, haben das Vorkommnis ernsthaft ausgewertet und eine Enquetekommission eingesetzt.

Natürlich werden wir deshalb nicht auf weitere Rankings verzichten. Und wir versprechen schon jetzt: Wir werden weiter fälschen, manipulieren, herumdoktern und verzerren, was das Zeug hält. Das nächste Projekt trägt den Titel »Die zehn beliebtesten einstelligen Ziffern der Deutschen«. Von vornherein war uns klar, dass die Null dabei nicht gewinnen darf, denn die Null, das ist doch irgendwie - nichts. Das möchte man nicht auf Platz 1 haben. Die Eins kommt ebenfalls nicht in Frage, denn gewönne die Eins, würde sofort jeder denken: Die Eins auf Platz 1, da müssen sie doch dran gedreht haben. Sowieso ungünstig sind die geraden Zahlen, denn sie wirken starr und kein bisschen dynamisch. Sie sind so etwas wie die Altkader unter den einstelligen Ziffern. Die Drei ist aus dramaturgischen Gründen ungeeignet; sie ist völlig unoriginell und schon tausend Mal hochgejubelt worden. Die Fünf wiederum weckt bei nicht Wenigen schlimme Erinnerungen an die Schulzeit. Die Neun haben wir sofort ausgeschlossen, weil wir davon keine vernünftigen Fotos haben - die Frage der fehlenden Bildrechte führt ja häufig dazu, dass Rankings leider redaktionell nachbearbeitet werden müssen. Und gegen die Sieben hatte die Fraktion der Zahlenmystiker in der Redaktion gravierende Einwände. Außerdem ist der siebente Buchstabe des Alphabets das G, mit G beginnt das Wort Gott, und irgendwelche religiösen Gefühle möchte man ja auch nicht verletzen. Ansonsten aber haben unsere Leser die freie Wahl.

Man sieht: Eine verantwortungsbewusste Redaktion darf ein Ranking, und wenn sein Thema noch so harmlos klingt, keineswegs dem Zufall überlassen. Auf das Ergebnis sind wir schon sehr gespannt. wh

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