Assange will ecuadorianische Botschaft »bald« verlassen

Australier spricht auf Pressekonferenz in der diplomatischen Vertretung / Kein konkreter Zeitpunkt oder genaue Pläne

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach mehr als zwei Jahren will Wikileaks-Gründer Julian Assange die ecuadorianische Botschaft in London »bald« verlassen. Der Gründer der Enthüllungsplattform bestritt am Montag bei einer Pressekonferenz in der Botschaft jedoch Medienberichte, er leide an lebensbedrohlichen Gesundheitsproblemen. Ein Wikileaks-Sprecher stellte klar, dass Assange die Botschaft erst verlassen werde, wenn die britische Regierung ihren »Verpflichtungen« nachgekommen sei.

Der 43-jährige Australier befindet sich seit Juni 2012 in dem kleinen Botschaftsgebäude im schicken Westen Londons. Beim Verlassen des Gebäudes droht ihm die Festnahme, da Schweden wegen Sexualdelikten seine Auslieferung beantragt hat. Assange bezeichnet die Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert und fürchtet, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Geheimnisverrats drohen könnte.

Der 43-Jährige trat am Montag zusammen mit dem ecuadorianischen Außenminister Ricardo Patino vor die Presse. Der Australier stellte dabei klar, dass er die Botschaft nicht aus den in Medienberichten genannten Gründen verlassen werde. Der britische Nachrichtensender Sky News und andere Medien hatten am Sonntag berichtet, Assange leide an schweren Gesundheitsproblemen. Er habe Herzrhythmusstörungen, ein chronisches Lungenleiden und gefährlich hohen Blutdruck.

Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson sagte anschließend, Assange wolle die Botschaft verlassen, sobald die britische Regierung ihren »Verpflichtungen« nachgekommen sei. Worauf er sich damit bezog, blieb offen. Großbritannien lehnt es ab, Assange freies Geleit außer Landes zu gewähren. Die britische Polizei hatte zuvor stets erklärt, der Australier werde festgenommen, sobald er das Botschaftsgebäude verlasse.

Ecuadors Außenminister Patino rief bei der Pressekonferenz zu einer internationalen Kampagne zur »Befreiung« Assanges auf. »Diese Situation muss beendet werden. Zwei Jahre sind einfach zu lang. Es ist an der Zeit, Julian Assange zu befreien«, sagte Patino. Er ließ allerdings durchblicken, dass er keine rasche Lösung des Falls erwarte. Patino betonte, sein Land werde Assange weiter Schutz gewähren und stehe weiterhin in Kontakt mit Schweden und Großbritannien, um eine Lösung zu suchen.
Ein britischer Außenministeriumssprecher sagte, die Haltung Londons bleibe unverändert. Die Gesetze müssten befolgt und Assange nach Schweden ausgeliefert werden. Es sei Sache Ecuadors, »diese schwierige und kostspielige Situation zu beenden«, sagte der Sprecher.

Schweden hat die Auslieferung Assanges beantragt, um ihn zu zwei Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung zu verhören. Nachdem Assange bei der britischen Justiz alle Rechtsmittel gegen das Auslieferungsgesuch ausgeschöpft hatte, war er im Juni 2012 in die Botschaft geflohen, wo ihm Ecuador »politisches Asyl« gewährte. Die schwedische Justiz lehnte eine Vernehmung per Videoschaltung ab und bestätigte Mitte Juli den Haftbefehl gegen Assange.

Der Wikileaks-Gründer fürchtet nach eigenen Angaben, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Geheimnisverrats drohen könnte. Bisher gibt es aber weder eine Anklage gegen Assange in den USA noch ein US-Auslieferungsgesuch. Wikileaks hatte mit der Veröffentlichung sensibler Dokumente zu den Kriegen im Irak und Afghanistan sowie der Publikation zehntausender US-Diplomatendepeschen den Zorn Washingtons auf sich gezogen. Agenturen/nd

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