Ärzte wollen fünf Milliarden Euro
Vor den Honorarverhandlungen für niedergelassene Mediziner wird viel mit Zahlen operiert
Es ist wie jedes Mal, wenn Ärzte und Psychotherapeuten um die Erhöhung ihrer Honorare kämpfen, die sie von den Krankenkassen aus den Beiträgen der Versicherten bekommen. Sie veröffentlichen im Vorfeld der Verhandlungen viele Zahlen, aus denen hervorgeht, dass sie immer mehr Leistungen für die Patienten ohne ohne finanzielle Vergütung erbringen. Nach Angaben des Chefs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, betrifft das momentan rund zehn Prozent ihrer Behandlung. Dies entspreche einem Honorar von 2,3 Milliarden Euro.
Dieses Geld fordern die Kassenärzte für das nächste Jahr ein, um die ambulante Versorgung der Patienten sicher zu stellen. Hinzu kommen noch einmal ungefähr drei Milliarden Euro, damit der niedergelassene Arzt in einer Praxis nicht weniger verdient als ein Oberarzt im Krankenhaus, dessen Jahresgehalt mit 133 000 Euro angegeben wird. Mit fünf Milliarden zusätzlichen Euro sollte die »Finanzierungslücke« geschlossen sein, so die Funktionäre der Kassenärzte. Sie schlagen vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen alle Untersuchungen und Behandlungen künftig zu festen Preisen bezahlen.
Honorarverhandlungen zwischen Ärztevertretern und Kassen sorgen jedes Jahr für einen verbalen Schlagabtausch zwischen den Ärzten auf der einen und den Krankenkassen als Verwaltern der Versichertenbeiträge auf der anderen Seite. Es geht allerdings auch um viel Geld. Rund 30 Milliarden Euro zahlen die Krankenkassen jedes Jahr für die niedergelassenen Ärzte in Deutschland - nach einem komplizierten Regelwerk, das einem sogenannten Orientierungswert von der Kostenentwicklung in den Praxen folgt. Darüber hinaus spielt auch eine Rolle, ob es einen steigenden Behandlungsbedarf bei den Versicherten gibt. Wie die Mittel verteilt werden, entscheiden 16 Kassenärztliche Vereinigungen in den Regionen, es gibt beträchtliche Unterschiede zwischen Arztgruppen, den verschiedenen Regionen und den Einkünften in den östlichen und den westlichen Bundesländern.
KBV-Chef Andreas Gassen argumentiert der Nachrichtenagentur dpa zufolge, seit 2008 habe es keine Honoraranpassung mehr gegeben. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verwies demgegenüber erneut auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, wonach niedergelassene Ärzte im Jahr 2011 nach Abzug der Praxiskosten einen durchschnittlichen Überschuss von 166 000 Euro erzielten. Seither seien Jahr für Jahr weitere Honorarerhöhungen hinzugekommen; im vergangenen Jahr 800 Millionen Euro für 2014 und vor zwei Jahren wurden den Ärzten 1,15 bis 1,27 Milliarden Euro Honorarplus zugestanden - verlangt hatten sie 3,5 Milliarden. »Es wäre erfreulich, wenn die Ärzteverbände das gleiche Engagement bei der Verringerung der Wartezeiten für die Patienten aufbringen würden wie bei dem Bemühen, ihre eigenen Honorare weiter zu erhöhen«, erklärte GKV-Sprecher Florian Lanz. Die Honorarverhandlungen werden darüber entscheiden, wie hoch die allein von den Versicherten zu zahlenden Zusatzbeiträge künftig ausfallen, meint Harald Weinberg von der Bundestagsfraktion der LINKEN. Ärztinnen und Ärzte gehören seiner Meinung nach zu Recht zu den Spitzenverdienern unter den freien Berufen. Es könne aber nicht sein, dass ihr monatliches Einkommen dauerhaft stärker steige als das Einkommen derer, die sie finanzieren.
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