Sicherheitsrat fordert neue Waffenruhe in Nahost
UN-Gremium besorgt wegen Eskalation des Konflikts / Israelische Regierung bestätigt Versuch gezielter Tötung von Hamas-Militärchef / Militante feuern 180 Raketen ab
Berlin. Der UN-Sicherheitsrat in New York hat die Konfliktparteien im Nahen Osten »dringend« aufgerufen, Verhandlungen über eine erneute und »langanhaltende« Waffenruhe aufzunehmen. Israel und die Palästinenser sollten eine Eskalation des Konflikts verhindern und stattdessen eine sofortige Feuerpause vereinbaren, sagte der Vorsitzende des Rats, der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant, am Mittwoch in New York. Der Sicherheitsrat sei angesichts der am Dienstag wieder aufgeflammten Kämpfe in Gaza »tief besorgt«.
Eine Feuerpause zwischen Israel und den militanten Palästinensern war am Dienstag gebrochen worden. Beide Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Am Abend wurde Israel erneut beschossen. Militante Palästinenser feuerten am Mittwoch rund 180 Raketen auf Israel ab. Binnen Stunden wurden bei israelischen Luftschlägen mindestens 21 Palästinenser getötet und 120 verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte.
Am Mittwoch hatte Israels Regierung den Versuch einer gezielten Tötung des einflussreichen Militärchefs der im Gazastreifen herrschenden Hamas, Mohammed Deif, bestätigt. Ob er tatsächlich getroffen wurde, war zunächst unklar. Deifs 27-jährige Frau, sein sieben Monate altes Kind und zwei weitere Menschen kamen bei dem Luftangriff ums Leben. Der US-Nachrichtensender Fox News berichtete unter Berufung auf israelische Geheimdienstquellen, auch Deif sei wohl getötet worden. Hingegen betonten eine von Deifs Schwestern und seine Schwiegermutter in Gaza, er sei am Leben. Auch die Hamas dementierte, dass Deif getötet worden sei. Das Gesundheitsministerium in Gaza bezeichnete eine Todesurkunde mit dem Namen Deifs von einem Krankenhaus als Fälschung, berichtete die Zeitung »Jerusalem Post« am frühen Donnerstagmorgen. Der Hamas-Funktionär Mussa Abu Marsuk nannte den Angriff ein »Verbrechen«.
Israel hatte in der Vergangenheit immer wieder politische und militärische Führer der Hamas gezielt getötet. Der spirituelle Führer Ahmed Jassin, der an einen Rollstuhl gefesselt war, kam 2004 bei einem Luftangriff Israels ums Leben. Später tötete Israel auch dessen Nachfolger Abdel Asis Rantisi und 2012 den Hamas-Militärchef Ahmed Dschabari. Deif gilt in Gaza als einer der wichtigsten Drahtzieher, er hat schon mehrere versuchte Tötungen durch Israel überlebt. Israel wirft ihm vor, er dirigiere den Gaza-Krieg aus dem Untergrund.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Führer der militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen als »legitimes Ziel«. Er wollte sich jedoch nicht dazu äußern, ob Deif getötet wurde. Gleichzeitig deutete Netanjahu die Möglichkeit einer langfristigen Friedensregelung in der Region an. »Wer sagt, dass wir den Frieden aufgegeben haben?« Er kündigte einen »neuen diplomatischen Horizont« an, ohne sich zu Einzelheiten zu äußern. dpa/nd
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