»Krieg ist nie gut«
Der ukrainische Wasserspringer Ilja Kwascha hofft auf Frieden für sein Heimatland
Als die Wasserspringer am Dienstagabend in Berlin um den EM-Titel vom Einmeter-Brett sprangen, fehlte der Dominator in dieser Disziplin noch. Fünfmal in sechs Jahren hatte Ilja Kwascha gewonnen, doch in Berlin war vom Ukrainer nichts zu sehen. Selbst Patrick Hausding gab nach seinem Sieg zu: »Wenn der Titelverteidiger fehlt, ist es um Einiges einfacher.« Der Berliner hatte gemutmaßt, Kwascha könnte sich vor den Spielen in Rio 2016 auf den olympischen Wettkampf vom Dreimeter-Brett konzentrieren, andere fürchteten gar Auswirkungen des Bürgerkrieges in seiner Heimat auf den Ukrainer. Beides konnte Kwascha glücklicherweise nun entkräften. Am Donnerstag ist er wieder aus dem Sprungbecken »aufgetaucht«.
»Ich habe Probleme mit meiner Schulter. Es war sehr schade, dass ich meinen Titel nicht verteidigen konnte«, sagte Kwascha gegenüber »nd«. Nach einer kurzen Trainingspause blieb nicht genug Zeit, sich auf drei Wettbewerbe vorzubereiten. In Berlin springt Kwascha also nur vom Dreimeter-Brett. Im Einzel wurde er Dritter hinter Hausding und dem Russen Ilja Sacharow. Der Synchronwettkampf folgt an diesem Freitag.
Schwarzes Klebeband zieht sich in mehreren Streifen über seine rechte Schulter. »Beim Eintauchen habe ich Schmerzen. Mehr als sechs Sprünge sind nicht drin, danach geht’s sofort auf die Massagebank. Und der Doktor klebt mich wieder mit Kinesio-Tape zu«, sagte Kwascha.
Bei den vergangenen fünf Europa- und Weltmeisterschaften war Kwascha vom Dreimeter-Brett mit viel Pech immer auf den Plätzen vier, fünf oder sechs gelandet. Medaillen gab es meist nur aus einem Meter Höhe. Da fiel der Verzicht auf seinen Lieblingswettbewerb in Berlin schwer. »Wenn ich wieder fit bin, springe ich bei der WM 2015 aber wieder alle drei Wettbewerbe. WM-Medaillen sind etwas Besonderes. Darauf verzichte ich nicht einfach so.«
Der Krieg in der Ukraine habe auf seinen Alltag keine Auswirkungen - zumindest nicht auf den sportlichen. »Wir können in Kiew normal trainieren. Aber natürlich sind wir alle sehr besorgt um den Osten unseres Landes. Krieg ist nie gut, und ich hoffe sehr, dass er bald beendet wird«, so Kwascha. Wenn gerade kein Trainingslager in der Hauptstadt ansteht, lebt der 26-Jährige noch immer in seiner Geburtsstadt Mykolajiw im Süden des Landes, auf halbem Weg zwischen Odessa und der abtrünnigen Krim-Halbinsel. »Zum Glück gibt es bei mir zu Hause derzeit keine Auseinandersetzungen. Keiner aus meinem Freundes- oder Familienkreis muss mit der Waffe kämpfen, aber es geht mir nicht nur um meine Heimatstadt. Ich hoffe, dass das ganze Land bald wieder in Frieden lebt.« Damit meint er auch den Osten.
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