Paderborn strahlt jetzt heller

Der SC sieht sich als krassesten Außenseiter der Bundesliga-Geschichte. Wie sich der Aufsteiger vorbereitet hat – und wie er bestehen will

Im ersten Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte empfängt der SC Paderborn am Sonntag Mainz 05. Ein Klub, an dem sich der Aufsteiger durchaus orientiert.

Michael Born ist schon 14 Jahre in verantwortlicher Position beim SC Paderborn. So beschäftigt wie in den vergangenen Wochen war der Sportdirektor noch nie. Der Fußballklub aus der ostwestfälischen 144 000-Einwohner-Stadt spielt erstklassig. Der SC Paderborn ist in der 52. Saison der 53. Neuling in der 1. Bundesliga. »Das ist ein Quantensprung für uns«, sagt Born. Für einen Klub, der noch in der Vorsaison nur drei Journalisten beim Training und den Pressekonferenzen vor den Spielen begrüßen durfte, ist das nicht übertrieben formuliert.

Gerade eben hat Michael Born noch »fünf oder sechs Fernsehinterviews« gegeben. Jetzt sitzt der 46-Jährige in seinem Büro und hat Zeit für ein Gespräch. Er fängt an, von den neuen Herausforderungen zu erzählen, die der Klub durch den Aufstieg zu bewältigen hat - und findet kein Ende. Die Führungsstruktur musste verändert werden: Seit Juli ist Born auch Mitglied der Geschäftsführung. Er regelt den sportlichen Bereich, Martin Hornberger den Rest. »Wir haben natürlich auch zusätzliche Mitarbeiter eingestellt«, berichtet Born. Allein fünf neue sind es in der Geschäftsstelle. Pressesprecher Matthias Hack hat nun immerhin eine Assistentin, die sich vornehmlich um die sozialen Netzwerke im Internet kümmern soll. Auch dort muss man nicht nur präsent, sondern aktiv sein. Seit drei Jahren hat der SC Paderborn eine facebook-Seite und dort 76 000 »Fans«. Zum Vergleich: Der FC Bayern München gefällt über 19 Millionen, dem Mitaufsteiger 1. FC Köln folgen immerhin über 600 000 auf facebook.

Ins Paderborner Stadion passen 15 000 Zuschauer. Es ist das kleinste der Liga, der Abstand zum Vorletzten SC Freiburg beträgt 9000 Plätze. Es heißt trotzdem Arena. Und auch hier musste Einiges verändert werden, vor allem im Medienbereich. Aus bisher 40 Presseplätzen wurden 80, die Arbeitsbedingungen auf einen erstligatauglichen Standard gebracht. »Wir mussten sogar die Lux-Zahl unseres Flutlichts erhöhen«, erzählt Born. Reichten in der zweiten Liga noch 800 oder 900 Lux, verlangt die Deutsche Fußball Liga (DFL) in der Beletage 1200. »Wir haben sie gleich auf 1400 ausgebaut.«

Aber nicht nur deshalb leuchtet Paderborn jetzt heller. »Die größte Aufgabe war das Ticketing«, erzählt Born. Der SC erlebte nach dem Aufstieg einen unerwarteten Ansturm. Die Mitgliederzahl stieg von 1800 auf derzeit 10 047. Für die neue Saison wurden schon über 10 000 Dauerkarten verkauft. Der Zuschauerschnitt in der erfolgreichen vergangenen Saison lag nur knapp darüber. »Auch im Sponsorenbereich haben wir einen Riesensprung gemacht«, freut sich Born. Der Etat für die Lizenzspielerabteilung ist von 6,2 Millionen Euro auf 15 Millionen gestiegen. »Aber das ist mit Sicherheit der geringste der 1. Liga«, stellt Born klar.

»Die zentrale zusätzliche Einnahmequelle ist aber das Fernsehgeld«, sagt Pressesprecher Matthias Hack. Von der DFL erhält Paderborn 18,6 Millionen aus der Zentralvermarktung. Eine Menge Geld. Aber auch in diesem Bereich wird deutlich: In der 1. Liga ist der SC eine ganz kleine Nummer. Der FC Bayern bekommt das Doppelte, Mainz 05 - der Gegner am Sonntag im ersten Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte - immerhin noch zwölf Millionen Euro mehr.

Aber jammern will beim SC niemand, schließlich ist mit dem Aufstieg ein Traum in Erfüllung gegangen. Erreicht wurde er durch kontinuierliche Arbeit. Michael Born, der irgendwann einmal durch ein Praktikum im Sportamt der Stadt Paderborn zum SC gekommen ist, oder auch Matthias Hack, der seit 20 Jahren für die Pressearbeit verantwortlich ist, stehen dafür. »Ich denke, man hat meine Arbeit zu schätzen gewusst«, erinnert sich Born an den Sommer 2011. Da wurde er nach der Trennung im Februar 2008 wieder zurückgeholt. Born hatte beispielsweise 2005 Jos Luhukay zum Paderborner Trainer gemacht. Dessen Stationen danach: Mönchengladbach, Augsburg und jetzt Hertha BSC. Auch Roger Schmidt, der nun mit Bayer Leverkusen um die Champions League kämpft, war ein unbekannter Fußballlehrer, als Born ihn 2011 zum SC lotste.

Mit André Breitenreiter ist dem Sportdirektor scheinbar wieder ein guter Griff gelungen. »Er ist mir mit seinen Erfolgen in Havelse aufgefallen«, sagt Born. Vom Viertligisten gekommen, schaffte Breitenreiter sogleich den Aufstieg mit Paderborn. Nun sagt er: »Wir sind der krasseste Außenseiter der Ligageschichte.« Um das Ziel, den Klassenerhalt, zu erreichen, investierte der SC rund 1,6 Millionen Euro in die Mannschaft - so viel wie noch nie. Das sind aber gerade mal 0,7 Prozent der gesamten Transferausgaben in der Liga. Moritz Stoppelkamp, der vom Zweitligisten 1860 München verpflichtet wurde, war mit 700 000 Euro der teuerste Transfer. Mitaufsteiger Köln gab bislang sechs Millionen Euro mehr aus, allein drei Millionen für Stürmer Simon Zoller.

Bange machen gilt trotzdem nicht beim SC. »Vereine wie Augsburg oder Mainz haben es vorgemacht, dass der Klassenerhalt auch mit geringen Mitteln möglich ist«, nennt Born zwei Beispiele. Um jeden Preis soll es die erste Liga aber nicht sein. »Wir werden weiter wirtschaftlich seriös arbeiten«, so Born. Ein Großteil seiner Verbindlichkeiten von 4,6 Millionen Euro will der Verein durch die Mehreinnahmen tilgen. Nicht nur aus dieser Sicht wäre im Abstiegsfalle das Erstligajahr ein Gewinn. Born nennt auch hier ein Beispiel: So wie Greuther Fürth, werde sich auch der SC dann unglaublich weiterentwickelt haben. Die Landung nach dem Quantensprung soll in jedem Fall eine weiche sein.

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