Zulauf für IS-Extremisten nach Erfolgen in Syrien
Kämpfe um syrischen Militärflughafen Al-Tabka halten an / Bundesregierung entscheidet über Waffenexport vielleicht erst nächste Woche / Syrien zur Zusammenarbeit mit Westen bereit
Al-Rakka. Nach ihrem Vormarsch in Syrien und im Irak erhält die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) immer stärkeren Zulauf von Kämpfern. Allein am Wochenende sollen sich mehr als 300 Männer anderer oppositioneller Milizen den Extremisten angeschlossen haben.
Das berichtete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Deren Leiter, Rami Abdel Rahman, sagte der dpa, insgesamt habe die Terrorgruppe in Syrien inzwischen rund 50 000 Kämpfer. Etwa 20 000 von ihnen kämen aus dem Ausland - vor allem aus dem arabischen Raum und aus Europa.
Kämpfe um Militärflughafen Al-Tabka halten an
Zugleich gingen die Kämpfe um den strategisch wichtigen syrischen Militärflughafen Al-Tabka weiter, den die Terrorgruppe am Sonntag unter Kontrolle gebracht hatte. Im Nachbarland Irak wehrten kurdische Einheiten und schiitische Milizen nach einer Attacke auf die Ölraffinerie Baidschi auch einen IS-Angriff auf die Stadt Tus Churmatu ab.
Bereits in der vergangenen Woche hatten die Menschenrechtsbeobachter von einem enormen Zulauf für die Extremisten berichtet. Seit Juli hätten sich etwa 6300 Kämpfer den Extremisten angeschlossen, hieß es. Ein Grund für den Zulauf dürfte neben den militärischen Erfolgen der Dschihadisten vor allem auch die Bezahlung sein.
Nach der Übernahme Militärflughafens Al-Tabka im Nordosten des Landes habe die syrische Luftwaffe am Montag mehrere Angriffe auf die Extremisten geflogen, meldeten die Menschenrechtsbeobachter. Der Flughafen war die letzte Bastion des Regimes von Präsident Baschar al-Assad in der Provinz Al-Rakka. Laut den Menschenrechtsbeobachtern konnte die Armee ihre Kampfflugzeuge in Sicherheit bringen.
Bei den Kämpfen um das Gelände waren den Angaben zufolge in den vergangenen Tagen mehr als 500 Menschen umgekommen, darunter mindestens 346 Extremisten. Hunderte weitere seien verletzt worden, meldete die syrische Beobachtungsstelle. Zudem seien mehr als 170 Soldaten der Armee getötet worden. Das Schicksal von weiteren 150 Soldaten ist unbekannt.
Die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) beherrscht im Norden und Osten Syriens mittlerweile rund ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im Nachbarland Irak kontrolliert sie riesige Gebiete im Norden und Westen. Kämpfer und militärische Ausrüstung der Terrorgruppe können die Grenze ungehindert passieren. So hatten die Extremisten Verstärkung aus dem Irak zum syrischen Flughafen Al-Tabka geschickt.
Im Irak schlugen kurdische Einheiten und schiitische Milizen einen IS-Angriff auf die Stadt Tus Churmatu rund 180 Kilometer nördlich von Bagdad zurück. Dabei wurden zehn IS-Kämpfer und fünf ihrer Gegner getötet oder verletzt, wie die Nachrichtenseite Al-Mada meldete. Die irakische Armee hatte am Wochenende einen Großangriff der Extremisten auf die große Ölraffinerie Baidschi abgewehrt.
Die Nachrichtenseite Al-Suamaria News meldete zudem, kurdische Peschmerga hätten nach schweren Kämpfen die Zufahrten zu dem Ort Dschalula unter Kontrolle gebracht und die IS-Kämpfer eingeschlossen. Die Versorgungswege seien abgeschnitten, hieß es.
Regierung entscheidet über Waffenexport vielleicht erst nächste Woche
Die Bundesregierung wird möglicherweise erst nach der Sondersitzung des Bundestags am kommenden Montag abschließend über Waffenlieferungen in den Irak entscheiden. »Es kann vor der Sitzung sein, es kann aber auch nach der Sitzung sein«, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Bisher war eine Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den zuständigen Ministern schon für diesen Mittwoch erwartet worden.
Die Bundeswehr will bis Mittwoch prüfen, welche Handfeuerwaffen und panzerbrechenden Waffen sie an die Kurden im Nordirak für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) abgeben kann.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte vergangene Woche für diesen Zeitpunkt auch schon Entscheidungen in Aussicht gestellt: »Wir werden in etwa einer Woche in diesem Gremium (Merkel und die zuständigen Minister) dann die Ergebnisse der Faktensammlung und der Faktenprüfung miteinander bewerten, um dann auch die weiteren Schritte zu entscheiden«, sagte sie am Mittwoch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).
Syrien zur Zusammenarbeit mit Westen gegen Extremisten bereit
Im Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ist Syrien zu einer Zusammenarbeit mit dem Westen bereit. Bedingung dafür sei, dass die internationale Gemeinschaft die Führung und Unabhängigkeit Syriens respektiere, sagte Außenminister Walid al-Muallem am Montag auf einer Pressekonferenz in Damaskus. Er bejahte ausdrücklich die Frage eines Journalisten, ob das Angebot auch für die USA und Großbritannien gelte. Der Westen ist bisher ein scharfer Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. In der vergangenen Woche hatten die USA, die bereits IS-Stellungen im Irak bombardiert haben, Luftschläge gegen die Extremisten auch in Syrien nicht mehr ausgeschlossen.Agenturen/nd
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