Pöbeln und Drohen

Auch in Deutschland greifen Islamisten Jesiden an

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Massenschlägerei zwischen tschetschenischen Islamisten, offenbar Anhängern des »Islamischen Staats« (IS), und den von ihnen wegen eines Plakats attackierten Jesiden vor drei Wochen in Herford machte es deutlich: Islamisten können nicht nur in Nordirak Jagd auf die von ihnen als »Teufelsanbeter« betrachteten Anhänger der Religion machen. Auch in Dortmund und Berlin kam es am Rande pro-jesidischer Demonstrationen zu Scharmützeln mit IS-Anhängern. In Celle attackierten mutmaßliche Islamisten Mitte August eine jesidische Trauerfeier. Weiter eskalierte der Konflikt in Deutschland bisher aber nicht.

Islamisten sind aber auch hierzulande nicht zimperlich, was gerade für Salafisten mit ihren Hochburgen in den NRW-Städten Solingen, Mönchengladbach und Dinslaken gilt. Die Zahl ihrer Anhänger steigt rasant, derzeit leben rund 5000 Salafisten in Deutschland. Viele von ihnen sind autochton-deutsche Konvertiten.

Die Stadt Dinslaken im Nordwesten des Ruhrgebiets ist eine Hochburg salafistischer Islamisten, mehrere Jugendliche zog es von hier aus in den Krieg nach Syrien. In Dinslaken existiert allerdings auch eine größere jesidische Community. Bisher habe es aber noch keine Probleme gegeben, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Duisburg gegenüber »nd«: »Konflikte zwischen den beiden Gruppen blieben aus.« Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland bestätigt diese Aussage. Er beklagt jedoch massive Beleidigungen und Bedrohungen in sozialen Netzwerken durch Islamisten.

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland, einer der wichtigsten Dachverbände hiesiger Muslime, wird nach eigener Aussage von radikalen Muslimen bedroht. »Der Zentralrat und seine Repräsentanten bekommen in regelmäßigen Abständen Hass- und Drohmails und entsprechende Briefe von tatsächlichen oder vorgeblichen Fundamentalisten«, bestätigt eine Sprecherin des Verbands dem »nd«. Noch mehr Hassbotschaften kämen nur noch von deutschen Rechtsradikalen.

Anhänger des IS aus Deutschland sind seit einiger Zeit auch im Internet präsent. So treibt sich bei Facebook eine Fangruppe der Fanatiker herum, die sich »Islamischer Staat Berlin« nennt und sich, damit keine Missverständnisse aufkommen, gleich mit den Worten »Demokratie? Nein, danke!« vorstellt. »Wahrlich, schlimmer als das Vieh sind bei Allah jene, die ungläubig sind und nicht glauben werden«, zitieren die anonym Agierenden eine Koransure. Knapp 500 Facebook-Nutzern »gefällt das«, auf einem Profilbild sind zwölf bärtige Männer abgelichtet, die offenbar der Facebook-Seite nahe stehen. Zu erkennen ist auch Bernhard Falk, ein ehemaliger Linker, der in den 1990er-Jahren an mehreren Sprengstoffanschlägen der »Antiimperialistischen Zellen« beteiligt war. Wegen vierfachen Mordversuches saß er bis 2008 in Haft, konvertierte dort zum Islam, drohte 2012 mit weiteren Sprengstoffanschlägen.

All das ist völlig legal. Der IS ist in Deutschland nicht verboten, musste die Bundesregierung in diesen Tagen auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag einräumen. Indes seien keine »Organisations-, Steuerungs- und Führungsstrukturen« des IS in Deutschland bekannt.

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