Leere Kassen, zerfallende Straßen
Nordost-Kommunen sehen sich durch den angeordneten Sparzwang handlungsunfähig
Gägelow. Die Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern fühlen sich durch den vom Schweriner Innenministerium auferlegten Sparzwang in ihren Investitionsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. Um die geforderte Haushaltskonsolidierung zu erreichen, müssten wichtige Vorhaben gestreckt oder geschoben werden. »Wir haben zu wenig Freiräume in den Kreishaushalten, um Brücken und Straßen in dem erforderlichen Maße zu erhalten. Die meisten Kreise können nur die Hälfte der nötigen Gelder aufbringen, einige gerade ein Drittel«, sagte der Vorsitzende des Landkreistages, Rolf Christiansen (SPD), am Mittwoch auf einer Verbandstagung in Gägelow bei Wismar. Der Landrat von Ludwigslust-Parchim war am Dienstag erneut an die Spitze des Kommunalverbandes gewählt worden.
Wie Christiansen sagte, drücken die Landkreise zum Teil noch dreistellige Millionensummen aus früheren Investitionen. Insgesamt stehen die sechs Kreise nach Angaben des Statistikamtes mit 660 Millionen Euro in der Kreide. Laut Christiansen können sie meist auch ihre aktuellen Haushalte trotz wachsender Steuereinnahmen und hoher Kreisumlagen von den Kommunen nicht ausgleichen. »Bei zweistelligen Defiziten ist es ausgesprochen schwierig, Mittel bereitzustellen. Für den Straßenbau im Kreis Ludwigslust-Parchim bleiben uns in diesem Jahr knapp fünf Millionen Euro. Nötig wären 12,6 Millionen«, erklärte der Kommunalpolitiker. Die Aufnahme neuer Kredite müsse trotz verlockend niedriger Zinsen genau überlegt werden: »Das Geld muss zurückgezahlt werden, und auch niedrige Zinsen summieren sich über die Jahre.«
Ständig wachsende Ausgaben für die Jugend- und Sozialhilfe würden die Spielräume der Kreise zusätzlich einengen, sagte Christiansen. »Wir haben größte Sparbemühungen angestellt und mussten Ende 2013 doch wieder einen Zuwachs von fünf Prozent registrieren.« Den Vorwurf des Landesrechnungshofs, im Nordosten seien deutlich höhere Ausgaben als in anderen Bundesländern je Fall zu verzeichnen, wies er zurück: »Wenn man sauber alle Faktoren berücksichtigt, liegen wir auf dem Niveau der anderen.« Entlastung der Kreis-Etas erhofft sich der Verbandschef von der Zusage des Bundes, die Kommunen bei den Sozialausgaben zu entlasten. »Das Land muss dann aber auch dafür sorgen, dass dieses Geld vollständig bei uns ankommt«, mahnte er. Kommunen und Kreise klagen seit Langem über eine unzureichende Finanzausstattung. Das Land hatte mit Sonderhilfen in Millionenhöhe reagiert, die es den Kommunen unter anderem erlauben, trotz leerer Kassen die geforderten Eigenanteile für Investitionen aufzubringen. Eine generelle Aufstockung der Zahlungen im kommunalen Finanzausgleich lehnt die SPD/CDU-Landesregierung bisher jedoch ab. dpa/nd
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