Bundesbehörde geht gegen Kölner Cannabis-Urteil in Berufung
Betroffene chronisch kranke Patienten reagieren mit Hungerstreik
Köln/Rüthen. Die Auseinandersetzung um den privaten Eigenanbau von Cannabis zu Therapiezwecken spitzt sich zu: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts überprüfen lassen, das drei chronisch kranken Patienten im Juli ausnahmsweise den Anbau der illegalen Droge daheim erlaubt hatte. Man habe in der vergangenen Woche Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt, sagte ein Sprecher des BfArM am Dienstag. Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) teilte mit, sechs chronisch Kranke seien aus Protest gegen die Berufung in den Hungerstreik getreten.
Die Kölner Richter hatten entschieden, wenn Kranken sonst nichts gegen ihre Schmerzen helfe und Cannabis aus der Apotheke für sie unerschwinglich sei, dürften sie es als Notlösung selbst züchten. Das Urteil sei ein enorm wichtiger Schritt für die betroffenen Patienten gewesen, betonte der ACM-Vorsitzende Franjo Grotenhermen. »Durch die Berufung wird eine finanzierbare Behandlung mit Cannabisprodukten weiterhin unnötig hinausgezögert«, kritisierte der Mediziner in einer Erklärung. »Es ist den betroffenen schwer kranken Patienten nicht zumutbar, dass sie jahrelang für ihr Recht streiten müssen.«
Auch die Bonner Behörde betonte: »Dem BfArM ist an einer schnellen Klärung im Sinne einer medizinisch sinnvollen und qualitätsgesicherten Versorgung der Patienten gelegen.« Allerdings: »Mit Blick auf den Gesundheitszustand einiger Patienten bedauern wir besonders, dass diese sich nun mit dem Hungerstreik für eine medizinisch bedenkliche Maßnahme entschieden haben, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.« Das Bundesinstitut hatte den Klägern den Anbau zuvor untersagt.
Die Schmerzpatienten aus mehreren Bundesländern wollen laut ACM auf ihre Not hinweisen. Der Verein fordert, dass die Krankenkassen bei chronischen Schmerzpatienten die Kosten einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis übernehmen. Eine entsprechende Petition von Medizinern und Patienten laufe noch bis 10. September. Kommen 50 000 Stimmen zusammen, muss der Petitionsausschuss des Bundestags laut ACM darüber öffentlich beraten. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.