Wo Analphabeten Hilfe finden
Sachsen-Anhalts Volkshochschulen starten Millionenprojekt und setzen auf Klein-Kurse
Analphabeten sollen in Sachsen-Anhalt bessere Chancen bekommen, das Lesen und Schreiben doch noch zu erlernen. Dazu haben die Volkshochschulen ein Projekt gestartet, das mit EU-Geld in Höhe von einer Million Euro finanziert wird. In Kursen mit nicht mehr als sechs Teilnehmern sollen Frauen und Männer in enger Begleitung zu Lernerfolgen geführt werden, wie der Geschäftsführer des Verbandes der Volkshochschulen, Uwe Jahns, der dpa in Magdeburg sagte. Landesweit laufen im Rahmen dieses Projektes bis zum kommenden Jahr 26 Kurse.
Zudem werden Mitarbeiter von Ämtern und Behörden in Sachsen-Anhalt für das Problem und den Umgang mit den Betroffenen sensibilisiert. Im Bundesland sollen rund 200 000 Menschen große Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben. Ihnen fällt es schwer, Verträge zu lesen, Formulare auszufüllen, Bewerbungen zu schreiben oder sich an fremden Orten zu orientieren. Genaue Zahlen gibt es aber nicht.
Seit 1966 ist der 8. September der Weltalphabetisierungstag. Der Bundesverband Analphabetismus geht von deutschlandweit 7,5 Millionen Betroffenen aus. 300 000 von ihnen können beim Lesen und Schreiben selbst einzelne Wörter nicht entschlüsseln. Rund zwei Millionen können einige Wörter lesen und schreiben, erfassen aber keine Sätze. Etwa 5,2 Millionen können mit kurzen Sätzen umgehen, scheitern aber an längeren Texten.
Die Volkshochschulen sind die Hauptanbieter von Kursen für Lesen und Schreiben in Sachsen-Anhalt. Nach den letzten vorliegenden Zahlen veranstalteten sie im Jahr 2012 mehr als 210 Kurse mit 1705 Teilnehmern. Die Zahl der Unterrichtsstunden lag bei etwas mehr als 9200. Ziel ist laut Jahns, die Teilnehmer bis zum Grundschulniveau zu bringen. Sie sollen also Texte lesen und auch schreiben können. Diese bekannten Kurse soll es auch weiterhin geben. Daneben steht das neue Projekt mit seinen 26 Kursen. Diese Teilnehmer erhalten bis zu 15 Unterrichtsstunden pro Woche Unterricht.
Zudem gibt es lebensbegleitende Hilfen. Spezielle Ansprechpartner sehen sich die Bildungslaufbahn des Einzelnen genau an und definieren mit ihm Ziele. »Das wird von den Betroffenen sehr gut angenommen«, sagte Jahns. Die ersten Kurse haben im April begonnen. Wichtig sei eine angenehme Lernatmosphäre, schließlich hätten die meisten Teilnehmer negative Lernerfahrungen in der Schule gemacht. Jahns wies darauf hin, dass jene, die sich für einen Kurs entschieden, ihn nur ganz selten abbrächen. Die Motivation sei sehr hoch.
Ein weiterer Schwerpunkt des Millionen-Projektes ist die Arbeit mit Jobcentern, Kammern und Betrieben. »Wir wollen die Mitarbeiter dort sensibilisieren für das Thema«, sagte Jahns. Im Seminaren sollen sie lernen, wie man Menschen erkennt, die nicht richtig lesen und schreiben können und wie man sie am besten erreicht und auf Hilfsangebote verweist. Analphabeten sind oft Meister im Verbergen ihres Defizits. Sie agieren oft über Begleitpersonen, die ihnen helfen, oder sie operieren mit Ausreden. dpa/nd
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