In Wedding sitzt eine Wanderdüne

Das Naturdenkmal braucht besondere Pflege / NABU lädt zu sonntäglichen Treffen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Ihr Sand war begehrt zum schrubben von Dielen und Geschirr. Anfang des 20. Jahrhunderts wanderten die Dünen noch.

»2012 gab es hier eine große Rodungsaktion. 70 bis 80 Bäume wurden gefällt«, sagt Christopher Hartl. Er ist Mitglied des Naturschutzbundes NABU und erzählt das keineswegs mit Abscheu, sondern um zu verdeutlichen, was für Arbeit es sein kann, Biotope zu erhalten. Wir stehen auf einem etwa 30 Meter hohen Sandhügel an der Grenze zwischen Wedding und Reinickendorf, der letzten innerstädtischen Düne Berlins. Hier und da wächst auf dem lockeren Sand ein Grasbüschel, Schwarzkiefern spenden Schatten. Hartl steht neben Robinientrieben, die fast so groß sind wie er.

»Die haben wir erst Anfang des Jahres abgeschnitten, und jetzt sind die schon wieder so groß«, ächzt er. Denn Robinien haben auf einer richtigen Düne nichts zu suchen. Genauso wie die Brombeeren, die auch schon wieder einige Dutzend Zentimeter ausgetrieben haben. Und das Gras, zumindest das meiste davon. Mit einem kleinen Fetzen Absperrband ist die Stelle markiert, an der das richtige wächst: Strand-Grasnelken mit ihren fliederfarbenen Blütenkugeln und Silbergras. Sie sind sehr gut an den extremen Lebensraum - trocken, heiß und nährstoffarm - angepasst.

Alle paar Minuten muss Hartl seinen Vortrag unterbrechen, wenn ein Flugzeug vom nahegelegenen Tegeler Flughafen über die Düne donnert. Auf der nur wenige Meter entfernten, vielbefahrenen Scharnweberstraße ahnt man nichts von dem 1976 unter Schutz gestellten Naturdenkmal. Es liegt versteckt hinter Häusern auf dem Gelände des bezirklichen Schul-Umwelt-Zentrums Mitte.

Die Lage hat die Düne wohl gerettet. Früher war sie Teil einer ganzen Kette, die sich vom Volkspark Rehberge bis zum heutigen Flughafengelände erstreckte. Sie ist eine Hinterlassenschaft der letzten Eiszeit. Bis zu drei Kilometer dick war die Eisschicht. Die Gletscher zermalmten Steine, der Wind häufte vor 12 000 Jahren, als das Eis sich zurückzog, den feinen Sand zu Bergen auf. »Der Sand ist so fein, den kriegen sie kaum von den Fingern ab«, erklärt Mitstreiterin Monika Thees, während sie ihn durch ihre Hand rieseln lässt. Das machte ihn begehrt. Dielen wurden damit geschrubbt und auch zum Geschirr reinigen eignete er sich. 1911 plante der Hamburger Tierparkunternehmer Carl Hagenbeck in den Rehbergen einen Safaripark - die Landschaft erinnerte an die Savanne. Der Krieg kam dazwischen und so wurde in den 20er Jahren der heutige Volkspark angelegt. Auch weil die Dünen noch wanderten und die neu entstandene Bebauung bedrohten.

Der Erhalt der Düne will behutsam angegangen werden. »Wenn wir zu viel Bewuchs entfernen, kommt der Sand wieder in Bewegung«, sagt Thees. Nächstes Jahr möchten die Naturschützer wenigstens auf einigen Quadratmetern die ursprüngliche Vegetation wieder anpflanzen. Es würde einfach zu lange dauern, bis das von selbst geschieht. Das Problem ist natürlich das Geld. Zwar ist der Bezirk eigentlich verpflichtet, das Naturdenkmal aktiv zu schützen, also auch für die Wiederherstellung zu sorgen, aber - das muss man in Berlin leider nicht weiter ausführen.

So lange tun eben die Mitglieder der AG, was sie können. »Wir treffen uns öfter mal, um uns für drei Stunden dann eine Ecke vorzunehmen«, sagt Christopher Hartl. 10 bis 15 Leute engagieren sich dabei. Mitstreiter sind immer willkommen. »Man muss kein NABU-Mitglied sein, um mitzumachen«, sagt Monika Thees. Es finde sich auch für jeden eine Aufgabe. Und man kann ganz viel erfahren.

Das nächste Dünenpflegetreffen findet am kommenden Sonntag von 14-17 Uhr statt. SUZ Mitte, Scharnweberstr. 159, U-Bahnhof Afrikanische Straße oder Kurt-Schuhmacher-Platz. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

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