Manöverplatz soll Naturerbe werden

Große Pläne für Daadener Bundeswehrgelände

  • Yne Stock, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.

Harry Neumann sieht sich kurz vorm Ziel. Seit 2007 kämpft der Vorsitzende des BUND Rheinland-Pfalz zusammen mit anderen Naturschutzverbänden dafür, dass die in seinen Augen einzigartige Flora und Fauna nach dem Aus für den Truppenübungsplatz Daaden am Stegskopf geschützt wird. »Ich habe viel Energie und Herzblut reingesteckt«, betont Neumann. Das Militär zog Ende 2013 ab - jetzt sieht alles danach aus, dass die rund 2000 Hektar große Fläche im Landkreis Altenkirchen und im Westerwaldkreis zum Nationalen Naturerbe erklärt wird.

So kurios es klingt: »Die militärische Nutzung hat zum Naturschutz beigetragen«, sagt der Experte. Ein großer Teil des Geländes sei von der Bundeswehr nicht betreten worden, seltene Tiere und Pflanzen hätten die Ruhe genutzt. »Dort ist das einzige Brutgebiet der Bekassine in Rheinland-Pfalz«, betont der BUND-Chef. Der Schnepfenvogel war 2013 »Tier des Jahres«, weil sein Lebensraum in Mooren immer kleiner wird.

Die Liste der seltenen Arten, die auf den früheren Übungsplatz leben, ist laut BUND lang. Darunter das Große Wiesenvögelchen - eine Schmetterlingsart -, die schwarze Heidelibelle, der Rotmilan, der Baumfalke, der Schwarzstorch, der Raufußkauz und die Wildkatze. Auch seltene Pflanzenarten wie der Glänzende Kerbel und die Trollblume haben sich angesiedelt. »Und es gibt 250 Jahre alte Baumbestände«, schwärmt Neumann. Platz wäre sogar für den Wolf.

Unvorstellbar war daher für seinen Verband, einen Teil der Fläche für Windkraft zu nutzen. »Das war zwei Jahre lang das beherrschende Thema«, klagt er rückblickend. »Das hätten wir nicht zugelassen, wir wären bis zum Europäischen Gerichtshof gezogen.«

Jetzt soll der Stegskopf Teil des Nationalen Naturerbes werden. Das soll nach dem Willen der CDU/SPD-Koalition in Berlin insgesamt um 30 000 Hektar vergrößert werden, wie das Bundesamt für Naturschutz in Bonn mitteilt. Der ehemalige Truppenübungsplatz Daaden wurde nach Angaben von Behördensprecher Franz August Emde Ende Januar in die »Potenzialliste« aufgenommen. Über die Flächen solle der Haushaltsausschuss des Bundestags »möglichst noch in diesem Jahr« entscheiden.

»Wenn ein Baum umfällt, dann bleibt er liegen«, erklärt Neumann die Folgen des Labels. »Dort herrscht dann Wildnis.« Ob Land, Bund oder eine Naturschutzorganisation Träger der geschützten Fläche wird, ist offen. Bis die Wildnis aber schließlich auf Wanderwegen für Besucher erlebbar wird, dürfte noch Zeit vergehen. Denn die Bundeswehr ist zwar weg, aber die Fläche liegt voller Kampfmittel. Deswegen ist das Gelände gesperrt. Die Besitzerin, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in Bonn, lässt das Verbot seit Anfang Juli von einem Wachschutz kontrollieren.

»Der Truppenübungsplatz Daaden ist der erste in Rheinland-Pfalz, der von der Bundeswehr aufgegeben wurde«, sagt Georg Reitz von der BImA. Seine Behörde habe bei der Oberfinanzdirektion Niedersachsen ein »Strategisches Handlungskonzept« in Auftrag gegeben. Es solle die Untersuchung und die Planung der Kampfmittelbeseitigung umfassen. »Es wird rund sechs Monate dauern, das Konzept zu erstellen«, sagt Reitz.

Neumann geht das zu langsam. Der BUND habe bereits 2007 für die Zeit nach der Bundeswehr ein Konzept vorgelegt. »Damals hat man uns ausgelacht.« Er hofft, dass die BimA noch im Herbst die ersten Wanderwege nach Rücksprache mit dem Naturschutzamt und den Verbänden freigibt. dpa/nd

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