AfD-Wähler kommen vor allem von CDU und Linkspartei
Rechtspartei wird laut Forschungsgruppe vor allem »wegen der Inhalte« angekreuzt – und sieht sich nun etabliert
Die ersten Ergebnisse waren am Sonntagabend gerade auf dem Bildschirm erschienen, da meldete sich der Grünen-Politiker Malte Spitz auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu Wort: Dies sei »kein guter Tag für die Demokratie«. Er verwies auf die »erschreckend niedrige Wahlbeteiligung« und den enormen »Erfolg für die Rechtspopulisten der AfD«.
Die so genannte Alternative für Deutschland war da soeben von der ARD als »Sieger der Landtagswahlen« vorgestellt worden. Das ist zwar falsch, aber leider auch keine große Übertreibung. Von Null auf Ergebnisse um die zehn bzw. zwölf Prozent – der Bundeschef der Partei, Bernd Lucke, strahlte in jede Kamera. Von einem »Vertrauensbeweis« war die Rede. Und der brandenburgische Vorsitzende Alexander Gauland drohte bereits mit weiteren Erfolgen: »Auf zur Wahl in Hamburg und Bremen. Wir sind in der deutschen Politik angekommen und es wird uns daraus keiner mehr verdrängen.«
Lucke sprach auch von einem Denkzettel für die etablierten Parteien. Bei denen suchte man – wie schon nach der Sachsenwahl zwei Wochen zuvor, wo die AfD 9,7 Prozent erhalten hatte – nach Erklärungsansätzen. Die SPD-Politikerin Angela Marquardt meinte in einer ersten Reaktion auf Twitter, sie glaube nicht, dass nur die Union nachdenken müsse. »Die Wahl der AfD geht alle Demokraten an.«
Einige aber wohl etwas mehr. Erste Zahlen der Wählerwanderungen zeigen, dass die Rechtspartei mit ihrer oszillierenden Mischung aus Anti-Euro-Haltung, »Das wird man doch wohl noch sagen dürfen«-Rhetorik und teils weit ins Rechtsradikale ausschlagenden Einzelmeinungen zwar vor allem von der CDU dazugewann. Etwa 19 000 ehemalige Unionswähler kreuzten diesmal in Brandenburg die AfD an; in Thüringen waren es etwa 17 000.
Gleich danach kommt jedoch die Linkspartei, ihre Wählerschaft bildete für die AfD das zweitwichtigste Schöpfbecken. In Thüringen stimmten etwa 16 000 frühere LINKE-Wähler für die Rechtspartei, in Brandenburg waren es sogar 19 000. Über die Ursachen werde man noch reden müssen, zuerst sei eine genaue Analyse nötig, hieß es am Wahlabend bei Politikern der Linkspartei.
Die Forschungsgruppe Wahlen verwies in einem ersten Ergebnisbericht darauf, dass die AfD »in einem ökonomisch gefestigten Umfeld und ohne echte Protest- oder Krisenstimmung das dritte Landesparlament in zwei Wochen erobert« habe. Die Partei habe in Thüringen vor allem bei den unter 60-Jährigen klar zweistellig abgeschnitten, sie liege bei den 18- bis 29-Jährigen rund 15 Prozent vor der SPD und nur knapp hinter der LINKEN. Auch in Brandenburg erreichte die AfD bei den unter 60-Jährigen klar die Zweistelligkeit. In beiden Ländern wurde sie von den Älteren dagegen vergleichsweise selten angekreuzt.
Dass mit der AfD eine Partei gewählt wird, die eigentlich gar keine landespolitischen Programme hat, sondern nur eine Negativ-Botschaft, bezweifelt die Forschungsgruppe. Die Rechtspartei sei – Beispiel Thüringen – nur von etwa einem Viertel der Wähler als »Denkzettel« betrachtet worden. Der übergroße Rest wählte sie »wegen der politischen Inhalte«.
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