Grüne sehen »Afghanistan-Koalition« skeptisch
Nach der Wahl in Thüringen: Lieberknecht will über »noch stabilere Mehrheit« mit SPD und Grünen sprechen
Berlin. Kommt nach den Landtagswahlen eine neue parteipolitische Option auf die Agenda? Nach dem knappen Ausgang der Abstimmung in Thüringen haben sich die Landes- und Bundesspitzen der Grünen skeptisch über ein Dreierbündnis aus CDU, SPD und Grünen geäußert. Ein solches, von Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht ins Spiel gebrachte Regierungsbündnis hat es auf Bundes- und Landesebene noch nie gegeben. Auf dem Berliner Parkett hatte es zunächst den Beinamen »Afghanistan-Koalition« erhalten. Dies wurde allerdings angesichts der dortigen Lage verbreitet auch als unpassend angesehen. Andere Beobachter schätzten ein, hierbei handele es sich eher um ein Medienphänomen.
»Ich bin sehr skeptisch, ob das auf Landesebene eine Zukunft hat«, sagte die Thüringer Grünen-Spitzenkandidatin Anja Siegesmund am Montag in Berlin nach Beratungen der Parteispitzen. Entscheidend seien rechnerische und inhaltliche Gründe. Die Grünen hätten einen Politikwechsel in Thüringen angestrebt, betonte Siegesmund. Außerdem habe Schwarz-Rot auch ohne die Grünen eine Mehrheit. Grünen-Bundeschefin Simone Peter betonte: »Klar ist, wir stehen für Gespräche bereit.« Die SPD scheine sich nach dem Absturz in Thüringen neu zu sortieren. Die Frage sei, ob die SPD einen Machtwechsel anstrebe oder dauerhaft unter den Mantel der CDU schlüpfe. In Thüringen haben sowohl CDU und SPD als auch ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis eine hauchdünne Mehrheit. Die CDU erwägt nun, deswegen die Grünen für ein erweitertes Bündnis zu gewinnen, das auf 52 von 91 Sitzen käme. CDU und SPD allein kommen in Erfurt auf 46 Mandate - gerade so viel wie nötig.
Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht hatte am Montag erklärt, sie wolle mit den Grünen über die zusätzliche Stabilisierung einer neuen Landesregierung reden. Eine stabile Mehrheit sei auch mit einer Stimme Mehrheit von CDU und SPD möglich, sagte Lieberknecht am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. »Wenn es eine noch stabilere Mehrheit geben würde, wäre das für das Land bei entsprechenden Schnittmengen auch von Vorteil.« In den geplanten Sondierungen der CDU mit SPD und Grünen gehe es auch um die Chemie zwischen den Akteuren, wie man gegebenenfalls miteinander zurecht käme. Lieberknecht betonte, es gebe viele Schnittmengen mit der SPD. Lieberknecht machte deutlich, dass sie längere Gespräche über eine Regierungsbildung erwarte. dpa/nd
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