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Langzähgenosse
Christoph Matschie verlässt den SPD-Chefposten in Thüringen
»Schwarz-Rot ist unser Tod« - es ist lange her, dass Christoph Matschie solche Losungen in den Weg gelegt wurden. 2009 war es, als die SPD in Thüringen vor der Frage stand, ob sie als kleinerer Partner mit der CDU oder der Linkspartei eine Koalition bilden sollte. Als Landesvorsitzender musste Matschie, dessen Stärke nicht das Experiment, sondern die Beharrlichkeit ist, einen Aufstand im Landesverband niederringen, der Rot-Rot-Grün zum Ziel hatte. In seiner Funktion seit 1999 fest verkeilt, setzte Matschie sich durch. Die weitere Entwicklung gab seinen Kritikern Recht.
Bei der folgenden Wahl vor einer Woche nämlich landete die SPD bei 12,4 Prozent, über sechs Prozent unter dem vorherigen Ergebnis. Einen Aufstand gibt es diesmal trotzdem nicht. Das kann sich Matschie zugute halten. Seine Art, die Dinge auszusitzen, hat sich durchgesetzt. Aber nun zieht er trotzdem persönliche Konsequenzen, will seinen Vorsitzendenposten abgeben - offenbar wegen eines Winks von oben, aus der Parteizentrale in Berlin.
Man kann auch - freundlich - von Berechenbarkeit Matschies sprechen. Dort, wo man ihn zuletzt sah, trifft man ihn auch in fünf Jahren noch. »Debatten besetzen«, »Themen in den Blick nehmen«, von dieser mitreißenden Art ist sein Auftritt. Wer ihn je reden hörte, wundert sich über den Erfolg, der ihn zäh begleitete. Er wird sich solche Fragen nicht stellen. Geradlinig verlief sein Weg. Als junger Mann in der SDP war er an den Entscheidungen über die Geschicke der DDR am Zentralen Runden Tisch beteiligt. Anfang der 2000er war Matschie einer der »Youngsters«, der »Netzwerker« - jüngere, karrierebewusste Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion, der er von 1990 bis 2004 angehörte. Dabei übte er weiter den hölzernen Vortrag bedeutungsschwerer Thesen über die Aufgaben der Sozialdemokratie und landete als Bildungs-Staatssekretär im Kabinett von Gerhard Schröder, dessen Agenda 2010 er auch nach der Niederlage 2005 die Treue hielt. Der 53-Jährige wird sicher eine Aufgabe finden, in der seine Fähigkeiten für die nächsten gefühlt 50 Jahre gefragt sind.
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