Obama empfiehlt Diplomatie
Ukraine wird trotz Forderungen ihres Präsidenten von den USA nicht aufgerüstet
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko vor dem US-Kongress in Washington, mit Barack Obama im Oval Office des Weißen Hauses, beim Händeschütteln mit Landsleuten. Völlig zufrieden dürfte der Reisende nicht von seinen Gastgebern geschieden sein. Seinem am Donnerstag und Freitag in den USA wiederholt nachdrücklich vorgetragenen Wunsch, die Ukraine mit Waffen für den Kampf gegen den »Aggressor Russland« hochzurüsten, wurde ungeachtet der Androhung eines neuen Kalten Krieges nicht entsprochen.
So blieb es vorerst bei Lebensmitteln, Schutzwesten und Nachtsichtgeräten, »wertvollem Material« wie Fahrzeugen, Schutzkleidung und Radargeräten. Die Hilfe von bislang 60 Millionen Dollar soll um weitere 46 Millionen Dollar aufgestockt werden.
»Wir unterstützen nicht nur mit Worten«, meinte fast etwas entschuldigend Barack Obama beim Treffen im Oval Office. Er setzte aber eher genau darauf. Dem Gast galt die Empfehlung des Weißen Hauses, den Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung und den pro-russischen Separatisten durch Diplomatie zu lösen. Dies sei der beste Weg. Die USA seien bereit, der Ukraine bei Verhandlungen mit Moskau zu helfen.
Nur schwachen Trost dürfte den Anhängern einer Hochrüstung der ukrainischen Militärmacht dabei das Gesetzesprojekt zweier Senatoren bieten. Die darin veranschlagten 350 Millionen Dollar Hilfe würden der Ukraine überhaupt nichts bringen, zitierte UNIAN das einflussreiche New Yorker Forbes-Magazin. Das hatte auf den faktisch unüberbrückbaren Abstand der Militärpotentiale der Nachbarn und eine Differenz der jährlichen Militärausgaben von 80 Milliarden Dollar verwiesen. Es könne keine militärische Lösung des Konfliktes geben, folgerten die Autoren. Mit der neuen Ankündigung würde die gesamte bisherige Hilfe der USA für die Ukraine im Jahr 2014 auch erst auf 291 Millionen Dollar steigen.
Eine weitere Reaktion löste am Freitag das Assoziierungsabkommen EU-Ukraine aus. So unterzeichnete der russische Premierminister Dmitri Medwedew laut RIA/Nowosti einen Beschluss über die Einführung von Zöllen für ukrainische Lebensmittel, Produkte der Leicht- und der verarbeitenden Industrie sowie eine Reihe anderer Waren. Die Maßnahme werde allerdings erst dann in Kraft treten, wenn Kiew früher als zum 1. Januar 2016 nach dem Freihandelsabkommen mit der EU vorgehe.
Für die ukrainische Parlamentswahl am 26. Oktober haben sich rund 700 OSZE-Beobachter angekündigt. Sie sollen kontrollieren, »ob die internationalen Standards für demokratische Wahlen und die nationalen Gesetze eingehalten werden«. Auch der Wahlkampf, die Medienberichterstattung und der Umgang mit Beschwerden werden überwacht. Neben 16 OSZE-Experten in Kiew sollen 80 Langzeitbeobachter im ganzen Land stationiert werden.
Verhandlungen zwischen Kiew und Vertretern der abtrünnigen Regionen des Donbass wurden am Abend in Minsk fortgesetzt. Mit Agenturen
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