Diakonie fordert bessere Standards zur Flüchtlingsbetreuung
Kritik des evangelischen Wohlfahrtsverbnandes vor allem an Sammelunterkünften / NGO sollen Sozialbetreuung übernehmen
Berlin. In der Debatte über die Unterbringung von Flüchtlingen hat die Diakonie ein Positionspapier veröffentlicht, das Standards und Ziele bei der Betreuung von Asylbewerbern enthält. Formuliert werden darin die Mindestanforderungen beim Wohnen sowie bei der Flüchtlingssozialarbeit. »Aus der Sicht der Diakonie bedarf es klarer und verbindlicher Vorgaben und Qualitätsanforderungen«, betont Vorstand Maria Loheide.
Grundsätzlich kritisch sieht der evangelische Wohlfahrtsverband die Unterbringung der Flüchtlinge in großen Erstaufnahmeeinrichtungen oder Sammelunterkünften. Dadurch entstehe für die meist traumatisierten Menschen weiterer Stress: Weder Kinder noch Erwachsene hätten eine geschützte Intimsphäre, das langjährige Zusammenleben verschiedener Kulturen auf engstem Raum führe nicht selten zu Spannungen bis hin zu gewaltsamen Übergriffen. Und: »Die Erfahrung zeigt, dass die Unterbringung in isolierenden Gemeinschaftsunterkünften eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht nur behindert, sondern oftmals ganz verhindert«, heißt es in dem Papier.
Deshalb sollten die betroffenen Personen möglichst frühzeitig in einer eigenen Wohnung leben können. So würden Stigmatisierung und Ausgrenzung verhindert, betont der Verband. Die Diakonie fordert die Städte und Gemeinden auf, »im erforderlichen Umfang Wohnungen anzumieten oder bereitzustellen«.
Wo das nicht möglich ist, sollte in Gemeinschaftsunterkünften mit höchstens 50 Personen das Wohlergehen der Flüchtlinge und die Integration ins Gemeinwesen »oberstes Gebot sein«. Das könne am ehesten verwirklicht werden, »wenn gemeinnützige Organisationen die Träger sind«. In Gemeinschaftsunterkünften sollten mindestens zwölf Quadratmeter Fläche je Person zur Verfügung stehen, auch sollte die Unterbringung dort auf höchstens ein Jahr begrenzt sein.
Wichtig auch, so die Diakonie: Die Häuser sollten zentral gelegen sein, so dass die Menschen ihren Alltag eigenständig organisieren können. Ärzte, Schulen, Geschäfte und Kindergärten sollten gut erreichbar sein. Außerdem dringt die Diakonie darauf, dass eine Trennung zwischen den Personen, die »für den Betrieb einer Unterkunft zuständig sind und denjenigen, die die flankierenden Angebote der Sozialbetreuung« verantworten, erkennbar ist.
Weil die Asylbewerber wegen ihrer meist schlechten Erfahrungen mit staatlichen Institutionen erst wieder Vertrauen aufbauen müssen, ist es laut Diakonie unabdingbar, Nichtregierungsorganisationen beziehungsweise freien Trägern die Sozialbetreuung zu übertragen. Sie erfolge von »den Kommunen unabhängig, freiwillig und ergebnisoffen«. Diese qualifizierte Beratungs- und Unterstützungsstruktur müsse der Staat finanzieren. Schließlich sei sicherzustellen, dass die Asylbewerber auch nach dem Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtungen weiter qualifiziert beraten werden, weil ihr Verfahren meist noch nicht abgeschlossen ist. epd/nd
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