Streckenradar soll Raser bremsen

Modellversuch startet in Niedersachsen im nächsten Frühjahr

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 3340 Menschen starben im vergangenen Jahr auf Deutschlands Straßen, etwa jeder dritte von ihnen infolge zu hoher Geschwindigkeit.

Der Standort der fest installierten Blitzautomaten ist zumindest den ortskundigen Autofahrern bekannt. Wo mobile Blitzautomaten aufgebaut sind, wird von vielen Radiosendern im laufenden Programm angekündigt, der Bleifuß so augenzwinkernd zum Kavaliersdelikt bagatellisiert. Raser treten an der entsprechenden Stelle mal kurz auf die Bremse. Ist sie passiert, geben sie wieder ordentlich Gummi. Auch bundesweite Blitzmarathons der Polizei - der nächste ist für den 18. September angekündigt - können die Schnellfahrer offenbar nur bedingt stoppen.

Vor diesem Hintergrund sind Alternativen gefragt. Als erstes Bundesland testet Niedersachsen deshalb jetzt ein Streckenradar. Dabei wird die Geschwindigkeit nicht nur an einem bestimmten Punkt, sondern über einen längeren Abschnitt kontrolliert. Nach Auswahl eines besonders unfallträchtigen Bundes- oder Landesstraßenabschnitts mit einer Länge von drei bis acht Kilometern soll der 18-monatige Modellversuch im nächsten Frühjahr anlaufen.

Der Streckenradar sei besonders für gefährliche Abschnitte geeignet, auf dem sich Unfälle nicht an einer Stelle, sondern über etliche Kilometer häuften, sagt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Dies seien oft Landstraßen. Auf diesen ereignen sich in Niedersachsen zwei Drittel aller tödlichen Unfälle. Ursache sei meist zu hohes Tempo. »Das Recht auf zu schnelles Fahren gibt es nicht«, so der Minister.

In Österreich und den Niederlanden gibt es den Streckenradar bereits seit Jahren. Die Erfahrungen in den Nachbarländern seien positiv, weiß Pistorius. Der Verkehrsfluss harmonisiere sich und die Sicherheit werde auch etwa in Baustellen oder Tunnelstrecken nachweislich erhöht.

Der Deutsche Verkehrsgerichtstag hatte sich bereits 2009 in Goslar für einen Modellversuch mit Abschnittskontrollen ausgesprochen, dafür aber Bedingungen genannt. So sollte der Streckenradar nur auf Strecken mit Unfallhäufung zulässig sein. Die erhobenen Daten dürften ausschließlich für die Geschwindigkeitsüberwachung verwendet werden, eine Verknüpfung mit anderen Registern und Daten sei unzulässig. Zugriffe auf die Daten während der Messung seien auszuschließen. Schließlich solle ein gut sichtbares Hinweisschild den überwachten Streckenabschnitt ankündigen.

Eigenen Angaben zufolge ist Niedersachsen zu dem Schluss gekommen, dass »der gegenwärtige technische Stand der Entwicklung der Überwachungsanlagen« ein Pilotprojekt nach geltendem Recht und den Vorgaben des Verkehrsgerichtstages zulässt. So gebe es bei der für den Test vorgesehenen Technik nur bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung die Möglichkeit, auf Daten zuzugreifen. Ansonsten würden die Fotos automatisch sofort gelöscht.

So wie der Versuch jetzt geplant sei, werde jedes Fahrzeug am Beginn des Abschnitts von hinten fotografiert und die Daten würden verschlüsselt zwischengespeichert. Am Streckenende werde es erneut erfasst. Mittels Weg-Zeit-Berechnung ermittle ein Computer in Echtzeit die durchschnittliche Geschwindigkeit. Sei der Fahrer zu schnell gewesen, werde das Fahrzeug auch von vorne - mit Fahrer und amtlichem Kennzeichen - geblitzt und die Daten in eine Verstoßdatei überführt.

Der Rechner lösche automatisch alle Bilder von Autos, die nicht zu schnell gefahren sind, versichert Pistorius. »Es gibt kein Klarfoto von irgendeinem Auto, auf das irgendjemand zugreifen kann, bevor nicht feststeht, ob nicht Geschwindigkeit übertreten wurde.«

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