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Junckers Wackelkandidaten werden nachverhandelt

Fünf der 27 Anwärter für die neue EU-Kommission müssen jetzt Fragenkataloge beantworten

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Prüfung von umstrittenen EU-Kommissarskandidaten durch das Europaparlament geht in die zweite Runde. Sie erhielten jetzt umfangreiche Fragenkataloge.

Seit Montag werden die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ausgewählten Kandidaten für die Posten in der EU-Kommission vor den Parlamentsausschüssen angehört. Zum Teil werden sie mit kritischen Fragen schwer bedrängt. Die Tatsache, dass oft ausgewichen oder nicht geantwortet wird, führt dazu, dass mehreren designierten EU-Kommissaren vorerst die Zustimmung verweigert wurde.

Heftig ins Kreuzfeuer geriet der konservative Spanier Miguel Arias Cañete, der den Deutschen Günther Oettinger als Energie- und Klima-Kommissar ablösen soll. Der einstige Umweltminister wurde auch vor dem Parlament angegriffen, wo sich Demonstranten versammelten. Sie bezeichneten ihn wie die Deutsche Umweltstiftung als »schlechteste Wahl«. Cañete sei bei der spanischen Umweltbewegung »bekannt und gefürchtet«. Die nannte ihn »Lobbyist der Erdölindustrie«, so die Umweltschützer. Sein Ministerium hat zum Beispiel die umstrittene Erdölsuche vor den Kanarischen Inseln abgenickt, die eines der ökologisch wertvollsten Naturschutzgebiete bedroht.

Zwar hat er seine Anteile an den Ölfirmen Dúcar und Petrologis mit der Nominierung verkauft, aber diese werden weiter von seinem Schwager geleitet. Nachfragen dazu wich er aus und erklärte lapidar, der gehöre nicht zur direkten Familie. Die Vizepräsidentin der Fraktion der Sozialisten sagte, man habe keine »ausreichenden Antworten« zu potenziellen Interessenkonflikten erhalten. Kathleen Van Brempt forderte deshalb eine Stellungnahme des juristischen Dienstes. Vor Montag wird keine Entscheidung fallen. In der Kritik steht Cañete auch wegen sexistischer Äußerungen, für die er sich entschuldigte und seinen Einsatz für die Gleichheit von Mann und Frau bekräftigte. Viele nehmen ihm das genauso wenig ab wie sein Eintreten für den Klimaschutz. Dabei hatte er sich bisher nicht hervorgetan.

Der konservative Brite Jonathan Hill wird kommende Woche erneut befragt. Auch bei ihm wird vermutet, dass ein Bock zum Gärtner gemacht werden soll. Hill soll Finanzmarktkommissar werden. Er gilt als Banken-Lobbyist und war mit seiner Beraterfirma auch für Finanzdienstleister tätig. So fiel dem Grünen-Abgeordneten Sven Giegold auf, dass er »auf viele Fragen nicht geantwortet« habe. Er sei »europäisch unengagiert, intransparent und ohne Distanz zur Finanzindustrie«. Hill habe sich auf inhaltliche Fragen wie Euro-Anleihen, Bankenunion, Finanzaufsicht und Finanztransaktionssteuer nicht eingelassen, wurde kritisiert.

Die Konservativen schossen sich als Retourkutsche auf Pierre Moscovici ein. Der Franzose soll EU-Währungskommissar werden. Ihm wird vorgeworfen, als Finanzminister stets die Defizitgrenze gerissen zu haben. Nun will er aber dafür sorgen, dass die Stabilitätsregeln in der EU strikt eingehalten werden. So kritisierte zum Beispiel der CSU-Parlamentarier Markus Ferber, er habe nicht darlegen können, wie er das »glaubwürdig durchsetzen« wolle. Deshalb wird auch er in der kommenden Woche erneut befragt.

Die Kritik ist nachvollziehbar, doch sollten die Konservativen sie mit Blick auf ihren Kandidaten für den Posten des Eurogruppenchefs überprüfen. Der Spanier Luis de Guindos wird zwar oft als »Meister der Sparsamkeit« bezeichnet. Doch was auf Moscovici zutrifft, gilt für den Wirtschaftsminister noch stärker. Unter De Guindos stieg das Haushaltsdefizit 2013 auf 10,6 Prozent und war sogar höher als das Griechenlands. Spaniens Verschuldung ist auf über eine Billion Euro und damit etwa 100 Prozent der Wirtschaftsleistung explodiert.

Erneut befragt werden auch die tschechische Liberale Vera Jourova, die Justizkommissarin werden soll und der Ungar Tibor Navracsics. Er ist als Kommissar für Bildung, Kultur und Bürgerrechte nominiert. Navracsics ist umstritten, weil er als Justizminister in der Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán Eingriffe in Justiz, ins Wahlrecht und die Pressefreiheit mit zu verantworten hat. Auch er soll nun schriftlich seine Positionen präzisieren.

Die Fragenkataloge sollten von den Wackelkandidaten bis zu diesem Sonntagabend beantwortet sein, schrieb EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in einem Brief an den zukünftigen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker.

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