Platz neun mag ich nicht
Volleyball-Bundestrainer Giovanni Guidetti fordert nach der WM: Entweder gehe ich oder ein paar Spielerinnen gehen
Waren die beiden 3:0-Siege ein letztlich doch noch versöhnliches Ende dieser für die deutschen Volleyballerinnen an sich enttäuschenden Weltmeisterschaft?
Es gibt 1000 Wege, diese WM zu lesen. Diese Mannschaft verdient großen Respekt dafür, dass sie bis zuletzt immer gekämpft hat. Das ist gut. Nicht gut ist: In Sachen Leistungsstärke sind wir wieder am gleichen Punkt angekommen. Wir werden Siebter, Sechster, Neunter, Achter, 13. - blablabla. Es ist immer das Gleiche: Wir spielen eine gute Europameisterschaft, aber dann kommen die großen internationalen Turniere wie Weltmeisterschaft oder Grand Prix. Und wir schaffen diesen Schritt nach vorn einfach nicht.
Sie haben schon im Laufe des Turniers davon gesprochen, dass diese WM nach Konsequenzen schreie. An welche denken Sie?
Ich habe während der WM mit Verbandspräsident Thomas Krohne gesprochen. Er hat mich gebeten, keine Entscheidung vor einem Gespräch mit ihm zu treffen. Also fahre ich Samstag nach München und spreche mit ihm. Ich habe auch sehr ehrlich mit der Mannschaft gesprochen. Wir müssen etwas finden. Entweder gehe ich oder ein paar Spielerinnen gehen. Es muss sich etwas ändern.
Haben Sie das Gefühl, dass die Mannschaft noch hinter Ihnen steht?
Die Spielerinnen haben nach dem letzten WM-Spiel eine Stunde lang diskutiert. Ich wollte danach keine Antwort von ihnen. Jetzt müssen der Kapitän und der Präsident entscheiden, was das Beste für den deutschen Volleyball ist. Wenn Verband und Mannschaft entscheiden, dass ein neuer Trainer her soll, dann will ich keinen Euro mehr aus meinem Vertrag. Der läuft zwar noch bis 2016, aber wenn der Verband den auflösen will, akzeptiere ich das. Natürlich würde ich gern weitermachen, mein Traum bleibt, Deutschland zu Olympia zu bringen. Aber wir sind die Nummer neun der Welt. Ich mag diese Nummer nicht, auf dem Platz kommst du nicht zu Olympia. Da gewinnst du auch keine Medaillen bei großen Turnieren.
Was müsste sich konkret ändern, wenn Sie Bundestrainer bleiben?
Ich denke noch darüber nach. Ich grübele zum Beispiel, ob ich andere Spielerinnen hätte nominieren sollen. Aber ich denke zugleich, dass es einfach keine besseren gibt. Wir arbeiten schon so viele Jahre zusammen, also muss sich etwas ändern. Es muss unbequemer in der Nationalmannschaft werden. Von den erfahrenen Spielerinnen brauche ich viel mehr Hunger auf Erfolg. Wir müssen viel besser und viel aggressiver Volleyball spielen.
Gibt es trotzdem etwas, was Ihnen bei dieser WM Hoffnung für die Zukunft des deutschen Volleyballs gemacht hat?
Ja! Das, was die jungen Spielerinnen gezeigt haben: Wiebke Silge hat die letzten beiden Spiele im Mittelblock gespielt. Sie ist gerade 18. Louisa Lippmann ist 20 und hat im Angriff ebenfalls eine gute Zukunft vor sich. Es gibt schon ein paar Leute, die dieser Mannschaft in der Zukunft helfen können.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.