»Die Bereicherung einer Minderheit funktioniert nur durch die Enteignung der Mehrheit«
Linken-Chef Bernd Riexinger über Thomas Pikettys »Das Kapital im 21. Jahrhundert«
Ein Buch allein könne die Welt nicht verändern, sagt der französische Ökonom Thomas Piketty im »nd«-Gespräch. Was seine nun auch auf Deutsch erschienene Studie »Das Kapital im 21. Jahrhundert« bereits bewegt hat und noch anstoßen könnte? Wir haben Wissenschaftler, Gewerkschafter und Politiker gefragt. Heute: Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linkspartei.
»Pikettys Buch ist einer der wichtigsten Beiträge zur gesellschaftlichen Diskussion der letzten Jahre, da es wissenschaftlich nachweist, was viele Menschen in den USA, aber auch hier zu Lande erfahren: dass der gewachsene gesellschaftliche Reichtum nur einer Minderheit zugute kommt und wir in einer Klassengesellschaft leben.
Jetzt im nd-Shop bestellen >>
(versandkostenfrei)
Wie funktioniert die Akkumulation und Distribution von Kapital?
816 Seiten, C.H. Beck, 2014
29,95 €
Die Bereicherung einer Minderheit der oberen zehn Prozent funktioniert nur durch die Enteignung der Mehrheit der Bevölkerung: seit Jahrzehnten bleiben die Löhne hinter den Profiten auf der Strecke – Armut, prekäre Arbeit, Niedriglöhne und Arbeitsstress nehmen zu. Die LINKE kritisiert seit Jahren die ungerechte Verteilung der Einkommen und Vermögen auch in Deutschland: Hier besitzt das eine Prozent der Superreichen etwa 32 Prozent des gesamten Privatvermögens, während die «unteren» 50 Prozent der Bevölkerung gar kein Vermögen mehr ansparen können.
Piketty zeigt, dass diese Dynamik des Kapitalismus immer mehr zu einer Oligarchie führt: Eine kleine Elite von Vermögensbesitzern dominiert durch ihre finanzielle, wirtschaftliche und politische Macht die Entwicklung der Gesellschaft und vererbt Reichtum, Macht und Privilegien. Das zerstört letztlich die Grundlagen der Demokratie.
Auf viele dieser Zusammenhänge haben kritische WissenschaftlerInnen und auch die LINKE seit Jahren hingewiesen. Die an Marx orientierten Analysen der gegenwärtigen tiefen Krise können die Zusammenhänge von Ausbeutung und Enteignung, Reichtumsverteilung und Krise sicherlich besser erklären. Die politischen Konsequenzen sind gleich. Pikettys Buch ist eine Aufforderung, die zentrale Frage der Zukunft zu stellen und gemeinsame Antworten zu suchen: Wie kann eine entstandene globale Oligarchie der Vermögensbesitzer entmachtet und der gesellschaftliche Reichtum und die Demokratie durch die 99 Prozent angeeignet werden?«
Weiterlesen
Er wird als »neuer Superstar« der Ökonomen gefeiert, sein Buch »Das Kapital im 21. Jahrhundert« als »bahnbrechendes Meisterwerk« gelobt. Diese Ausgabe des »nd« widmet sich den Thesen Thomas Pikettys, Reichtum und Ungleichheit. dasND.de/piketty
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.