Obama sucht eine Strategie

Kobane hat im Kampf gegen IS keine Priorität / Gespräche über gemeinsames Vorgehen gegen Islamisten

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Über 20 seiner Amtskollegen hatte US-Generalstabschef Martin Dempsey nach Washington eingeladen – nicht nur die von NATO-Partnern wie Großbritannien, Frankreich, Belgien, Dänemark und den Niederlanden, sondern auch Repräsentanten der fünf arabischen Verbündeten Saudi-Arabien, Jordanien, Bahrain, Katar und Vereinigte Arabische Emirate im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS). Das Ganze läuft als zweitägiges Strategietreffen der Anti-IS-Koalition, die den Vormarsch der Terrormiliz bisher nicht entscheidend stoppen konnte. Es ist das erste seit Beginn der US-Luftangriffe vor zwei Monaten.

Präsident Barack Obama war nicht nur von der konservativen Opposition in den USA vorgeworfen worden, ohne langfristiges Konzept für den Kampf gegen die Dschihadisten in Irak und in Syrien zu agieren.
Der höchste türkische Militär sollte bei der Eröffnungsrunde am Montagabend fehlen, Ankara wollte nur einen Vertreter schicken. Allerdings hat die Regierung Erdogan mit einem teilweisen Kurswechsel auch eine Vorlage für diese Beratungen gegeben. Zwar will sie weiter keine Bodentruppen Richtung Kobane schicken, wie von der Obama-Regierung gefordert. Doch erhalten die US-Streitkräfte zumindest das Nutzungsrecht für die Luftwaffenbasis Incirlik im Süden der Türkei. Bislang starteten die Kampfflugzeuge für Angriffe auf IS-Stellungen und -Transporte von Stützpunkten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait und Katar. Auch in Jordanien sind seit dem Vorjahr US-Maschinen stationiert. Pentagon-Chef Chuck Hagel hat seinem Amtskollegen Ismet Yilmaz telefonisch gedankt, wobei Ankaras Unterstützung für die Koalition die Bereitschaft zur »Unterbringung und Ausbildung« syrischer Oppositioneller einschließe, wie Hagels Sprecher John Kirby mitteilte. Einzelheiten werden im Laufe der Woche besprochen, wenn eine Pentagon-Abordnung nach Ankara reist.

Aber auch im Washingtoner Verteidigungsministerium weiß man, dass ein nachhaltiger Erfolg gegen die IS-Truppen mehr braucht. Daran will Dempsy beim Treffen am Dienstag auf dem Militärstützpunkt Andrews nahe Washington arbeiten. Inzwischen sollen mehr als 60 Länder zugesagt haben, einen Beitrag zum Krieg gegen die Dschihadisten zu leisten, wie der US-Außenminister im Vorfeld der Veranstaltung erklärte, ohne jedoch das Ausmaß zu konkretisieren. Allerdings hat John Kerry erneut klargestellt, dass die IS-Offensive gegen die syrische Kurdenstadt Kobane zwar eine Tragödie sei, es sich aber »nur um eine Gemeinde« handele, die nicht »die Strategie der Koalition« bestimme.
Das dürfte nicht zuletzt mit der Sorge über den medial kaum beachteten Vormarsch der Terrormiliz im so genannten Sunnitischen Dreieck am östlichen Rand der irakischen Provinz Al Anbar zu haben. Inzwischen hat das US-Zentralkommando (CentCom) auch den Einsatz von Kampfhubschraubern gegen IS-Stellungen westlich der Hauptstadt Bagdad befohlen – was laut Militäranalyst Jeffrey White vom »Washington Institute for Near East Policy« auch ein Eingeständnis sei, dass die bisherige Strategie nicht greife. Damit seien allerdings auch US-Soldaten deutlich höheren Risiken ausgesetzt.

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