Rezepte gegen die Verödung gesucht

21 Modellregionen erproben neue Lösungsansätze

  • Harald Lachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht nur manchem Randzipfel Ost gehen die Bewohner aus. Auch der Nordeifel mit der Stadt Aachen sagen Prognosen einen verstärkten Wegzug der Jugend und damit rückläufige Einwohnerzahlen bis 2030 voraus. Dabei ist in den rauen, tiefen Eifeltälern die Siedlungsdichte ohnehin gering. Mithin entstehen in den nächsten Jahren zusätzliche Zwänge und Herausforderungen, etwa für die Erreichbarkeit gesellschaftlicher Einrichtungen oder die Daseinsvorsorge, also das Vorhalten einer gesetzlich gebotenen Infrastruktur an Kindereinrichtungen, Arztpraxen, Nahverkehr, Straßenunterhaltung, Brandschutz, Ver- und Entsorgung.

Auch anderen Regionen, die langsam ausdünnen, droht die akute Gefährdung der Grundversorgung. Denn wo latent die Einwohnerzahl sinkt, sind irgendwann die Auslastungs- und Rentabilitätsschwellen unterschritten. Abhilfe schaffen sollen nunmehr Regionalstrategien zur Daseinsvorsorge. Zumeist initiiert durch Aktionsgruppen, die maßgeblich aus dem europäischen Leader-Programm finanziert werden, beschäftigen sie sich gezielt mit alternativen Strukturen, die einer Verschlechterung der Lebensqualität entgegenwirken.

Mittlerweile erproben 21 Modellregionen in ganz Deutschland neue Muster, wie sich im interkommunalen Miteinander drohende Defizite auffangen oder ausgleichen lassen. Gebündelt und fachlich betreut werden sie durch die Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume in Bonn und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Das aktuelle Netz spannt sich von Flensburg bis in das niederbayrische Salzachtal und vom saarländischen Landkreis Merzig-Wadern bis zur brandenburgischen Uckermark.

Die für den Förderzeitraum 2014/2015 auserkorenen Pilotprojekte fokussieren dabei vorrangig die Themenkomplexe Mobilität, Bildung, Fachkräftesicherung sowie Pflege, Gesundheit und Leben im Alter. Aber auch den Bereichen Katastrophen- und Brandschutz, etwa im Landkreis Märkisch-Oderland, und der Vereinskooperation konkret in der Nordeifel gilt mittlerweile ein verstärktes Augenmerk.

»Miteinander für die Nordeifel« - unter diesem Motto startete jetzt in der Region ein Aktionsprogramm, das auch Themenfelder wie den Verbund sozialer und technischer Infrastrukturen oder Brückenschläge zwischen den Kommunen in Sachen Kultur und Gemeinschaftsleben beinhaltet. Erklärtes Ziel ist eine Stärkung und (Wieder)Belebung der Ortskerne. Alle Ergebnisse fließen in einen Maßnahmenkatalog mit Leitfadencharakter ein und werden so zur Nachnutzung in anderen Regionen aufbereitet.

Der Landkreis Coburg (Bayern) wiederum geht sein Defizit an Betreuungsinfrastruktur für Senioren zusammen mit der Arbeiterwohlfahrt auf ungewöhnliche Weise an: Man sucht Familien, die willens sind, ältere Menschen in ihrer Mitte aufzunehmen und in den Alltag integrieren - dies auf Wunsch auch testweise erst einmal nur tagsüber. So soll versucht werden, die Aufnahme in stationäre Pflegeangebote zu verhindern - einfach weil diese zuweilen schon überfordert sind.

Vor diesem Hintergrund treffen sich Vertreter der 21 deutschen Modellregionen am 28. Oktober in Leipzig zu einem speziellen Forum. Den Rahmen bildet die dreitägige euregia 2014, eine Kombination aus Kongress und Fachmesse zur Kommunal- und Regionalentwicklung in Europa.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.