Rote und schwarze Nullen

Ist der ausgeglichene Haushalt mehr als ein Prestigeprojekt - oder ist er in Zeiten schwächelnder Konjunktur sogar schädlich? CDU und SPD sind sich nicht einig

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Konjunktur trübt sich ein, in der Großen Koalition entflammt die Debatte um das Prestigeprojekt »Schwarze Null«: Als Signal von Stabilität unbedingt daran festhalten? Oder droht damit eine Verschärfung des Abschwungs? Der Ton zwischen den Regierungsparteien wird rauer.

In der SPD mehren sich die Stimmen, die das Koalitionsziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts infrage stellen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider sagte der »Süddeutschen Zeitung« (Dienstag), solange sich die wirtschaftliche Lage nicht weiter verschlechtere, halte man an dem Ziel fest, 2015 ohne neue Kredite auszukommen. Zugleich müsse man aber auch die Warnsignale aus der Wirtschaft ernstnehmen und die Investitionen erhöhen.

»Sollten wir nächstes Jahr in die Rezession rutschen, bin ich aber auch bereit, kurzfristig zu reagieren und einen Nachtragsetat zu schnüren«, betonte Schneider. »Das einzige, was sofort wirken würde, wäre ein groß angelegtes kommunales Investitionsprogramm. Was wir auf keinen Fall machen werden, ist, dem Abschwung hinterher zu sparen und so die Lage noch zu verschlimmern.«

Der Ton zwischen SPD und CDU wird angesichts der sich eintrübenden Konjunturaussichten rauher: »Die rote Null ist Herr Stegner« wird CDU-Generalsekretär Peter Tauber zitiert, nachdem der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner bei »Spiegel Online« deutlich gemacht hatte, dass das Prestigeprojekt eines ausgeglichenen Haushalts von Wolfgang Schäuble (CDU) keine sozialdemokratische Herzensangelegenheit sei: »Die schwarze Null ist eben keine sozialdemokratische Null.«

Die Vertreterin des linken SPD-Flügels, Hilde Mattheis, äußerte sich am Dienstag in einer Mitteilung des von ihr geführten Forums DL21 direkt auf das von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeführte Diktum von angeblich disziplinierter Haushaltsführung: »Blind am Dogma 'Schwarze Null' festzuhalten freut möglicherweise die schwäbische Hausfrau, hilft aber nicht der Wirtschaft.« Schulden von Privathaushalten seien nicht mit Staatshaushalten zu vergleichen, dessen Ausgaben Impulse für die gesamte Wirtschaft geben können.

SPD-Vorstandsmitglied Peter Friedrich warnte dagegen vor einer einseitigen Debatte über eine Abkehr vom Sparkurs der Regierung. »Statt über neue Schulden und die schwarze Null zu diskutieren müssen wir, um Handlungsspielraum zu bekommen, über die Einnahmeseite der Staatshaushalte reden«, sagte der baden-württembergische Europaminister am Dienstag in Berlin. »Europa muss seine Hausaufgaben beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug machen, sonst gehen weiterhin unzählige Milliarden verloren«, meinte Friedrich. Derzeit unterböten sich die Staaten gegenseitig mit Steuervermeidungsangeboten. »Wir brauchen eine konsequente europäische Konsolidierung der Einnahmenseite.« Hier sei auch Bundesfinanzminister Schäuble in der Pflicht. stf/mit Agenturen

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