CDU stemmt sich gegen Rot-Rot-Grün in Thüringen
Lieberknecht: SPD-Basis soll doch noch schwarz-roter »Vernunft zum Durchbruch« verhelfen / Generalsekretär Tauber hofft auf Abstimmungsniederlage Ramelows im Landtag
Berlin. Die CDU stemmt sich gegen die Empfehlung der Thüringer SPD-Spitze, Koalitionsverhandlungen mit Linkspartei und Grünen aufzunehmen. Noch-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) appellierte an die sozialdemokratischen Basismitglieder, Rot-Rot-Grün noch zu verhindern. »Sie haben es nun in der Hand, der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen und zu verhindern, dass Thüringen sich durch eine von der Linken geführte Regierung ins Abseits manövriert und die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre abreißt«, sagte Lieberknecht. »CDU und SPD haben in den vergangen fünf Jahren belegt, dass sie gemeinsam für Thüringen mehr erreichen können.«
Auch der Generalsekretär der Bundes-CDU, Peter Tauber, kritisierte die SPD-Entscheidung. »Heute ist ein schlechter Tag für Thüringen«, erklärte er am Montagabend und warf den Thüringer Sozialdemokraten vor, »sich aus reiner Parteitaktik gegen die Interessen des Landes entschieden« zu haben. Es gebe »keinerlei inhaltliche Punkte«, die gegen eine Fortführung der Koalition von CDU und SPD im Wege stünden. Tauber führte das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten in Thüringen nicht darauf zurück, »dass sie mit der CDU regiert hat, sondern weil sie Regierung und Opposition in einem sein wollte«.
Tauber sagte zudem, die Thüringer SPD mache mit ihrer Entscheidung »deutlich, dass der von Sigmar Gabriel verordnete Mitte-Kurs ein reines Lippenbekenntnis ist«. Der CDU-Generalsekretär versuchte zugleich, einen Bezug zur DDR-Geschichte herzustellen und erklärte, er setze darauf, »dass es in den Thüringer Landtagsfraktionen von SPD und Grünen Männer und Frauen gibt, die sich daran erinnern, wogegen die Menschen in der damaligen DDR im Herbst 1989 mutig auf die Straße gegangen sind«. Mit diesem Hinweis spielt Tauber nicht nur auf eine mögliche Wahl von Bodo Ramelow im Landtag, sondern offenbar auch an die gescheiterte Wahl von Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung in Hessen an. 2008 hatten drei SPD-Landtagsabgeordnete der designierten Ministerpräsidentin die Zustimmung verweigert.
Der Spitzenmann der Linkspartei in Thüringen, Bodo Ramelow, kündigte derweil an, als Ministerpräsident einer voraussichtlich rot-rot-grünen Landesregierung die Praxistauglichkeit dieses für die Bundesrepublik neuen Koalitionsmodells zu zeigen. »Wir wollen beweisen, dass wir bei Problemlösungen alltagstauglich sind«, sagte Ramelow am Montagabend der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt. Der 58-Jährige sprach von einem großen Vertrauensbeweis. »Ich bin persönlich gerührt, wie sehr sich dieses Vertrauen entwickelt hat«, sagte Ramelow. Mit einem einstimmigen Votum des SPD-Verstandes habe er nicht gerechnet. Ramelow, der bisher Landtagsfraktionschef der Linken ist, soll bei Rot-Rot-Grün erster Ministerpräsident der Linken in Deutschland werden. Der gebürtige Niedersachse sieht darin »25 Jahre nach dem Mauerfall ein spannendes Signal«, vor allem aber ein Signal für eine gute Landespolitik. Es könnte seiner Meinung nach »ein Stück weit beim Abbau des Kalten Krieges in den Köpfen der Menschen im Westen helfen«. Er kenne die Vorbehalte gegenüber der Linken.
Thüringens SPD-Führung hatte am Montagabend die Weichen für einen Regierungswechsel zu einem rot-rot-grünen Bündnis mit dem ersten linken Ministerpräsidenten der Bundesrepublik gestellt. Der erweiterte Landesvorstand der Sozialdemokraten gab fünf Wochen nach der Landtagswahl einstimmig eine Koalitionsempfehlung für Rot-Rot-Grün ab. Die Entscheidung, mit welcher Partei förmliche Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden, liegt nun bei der SPD-Basis. Die Mitgliederbefragung soll bereits an diesem Dienstag starten, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa. Zudem ist am Dienstag eine SPD-Basis-Konferenz in Weimar geplant, bei der die Koalitionsempfehlung erläutert werden soll. Die Auszählung der Mitgliederbefragung erfolge voraussichtlich am 4. November. Agenturen/nd
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